Der Ausblick für Italiens Weine bis 2020 (geschrieben 2010)

Italiens Winzer haben rasante 50 Jahre erlebt, nun bleibt vieles wie es ist

Trotz vieler Wechsel in der Vergangenheit und schwer absehbarer Entwicklungen in der Zukunft ist der italienische Wein auf solidem Niveau. Einheimische Rebsorten, die für die Region stehen, setzen sich immer mehr durch und sorgen dafür, dass jedes Gebiet einen eigenen Wein hat. Sangiovese für die Toskana, Nero d’Avola für Sizilien etc. Andererseits gibt es kaum noch Regionen zu entdecken. Die großen Umwälzungen scheinen vorbei, einzig die Zahl der Weingüter kann kleiner werden, auch der Raum für weitere neue Rebsorten ist eng.

Bewährtes und Bekanntes setzt sich durch

Nur neue Trends, die wird es immer geben. Leichtere Weine sind schon einige Zeit gefragt. Viele Weintrinker möchten mehr Wein trinken, aber nicht mehr Alkohol. In diesem Kielwasser könnten sich viele Weißweine gut machen. In Deutschland etwa steigt der Konsum schon länger. Auch alkoholreduzierte Weine könnten ihre Chance bekommen.
Hochwertige Weine dazu gibt es heute in ganz Italien, nicht nur in einer Handvoll von Weinregionen. Zumindest technisch gesehen sind sie alle gut, sauberer und
körperreicher als in der Vergangenheit, egal ob aus großen oder kleinen Holzfässern. Daneben wogt ein Meer von preiswerten und billigen Weinen, die zwar selten gut sind, aber dennoch nie besser waren als heute. Auch sie profitieren vom Technologiesprung.

Kleine Weingüter - Mit Herz und Seele dabei

Vor allem aber gibt es die unzähligen kleinen und mittleren Weingüter in ganz Italien und besonders natürlich in den Weinwelten: Familienbetriebe im ganzen Land, deren Winzer mit Herz und Seele, Können und Inspiration zu ihrem Wein stehen und alles daran setzen, ihn immer besser zu machen. Diese Vorreiter werden es maßgeblich mitbestimmen, ob Italien als Weinnation dauerhaft und prosperierend ins Weltgeschehen eingreift. Sie werden Standards setzen, was die Qualität anbetrifft, sie werden Grenzen versetzen, was Kreativität angeht. Sie werden Trends und langfristige Entwicklungen beeinflussen mit ihrer Originalität. Potenzial dazu hat der Weinland Italien mehr als genug.

Prognosen sind schwieriger als vor 30 Jahren

Es wird aber auch äußere Einflüsse geben. In den letzten 40 Jahren ist aus einer bäuerlichen Mikro-Ökonomie ein landwirtschaftlicher Produktionszweig mit weltweiter Marktpräsenz geworden, deshalb haben auch globale Wirtschaftsbewegungen mehr Einfluss. War es in den sechziger Jahren der Regen im September, der vielen Winzern graue Haare wachsen ließ, kann heute auch mal ein Kurssturz in Hong Kong zu einem echten Verlustereignis werden. Verlässliche Händler im Ausland werden für die Winzer noch wichtiger. Seit Jahren ist der Konsum auf den Binnenmärkten der weinproduzierenden Ländern auf dem Rückzug. International gibt es zwar mehr Mitbewerber aus anderen Kontinenten, aber auch große neue Märkte. Derzeit öffnen sich China, Indien und demnächst vielleicht weitere Länder in Ostasien. Doch für die nächsten Jahre bleiben Europa und die USA die Wachstumsmärkte.

Interessengruppen und Klimaerwärmung

Einschnitte sind aber auch möglich. Vor allem die Machenschaften von Anti-Alkohol-Lobbies, die Teile der USA, des heute weltweit größten Weinmarkts; bereits fest im Griff haben, sind schädlich. Ähnliche Interessengruppen sind auch schon in einigen europäischen Ländern aufgetaucht.
Die globale Klimaerwärmung, wie sie bereits eingesetzt hat, wird aller seriösen wissenschaftlichen Erkenntnis nach zunehmen. Wie sich das Klima jedoch in kleinteiligen Regionen wie Anbaugebieten ändert, kann niemand vorhersagen. Überlebenswichtig für Winzer und Verbände in allen Regionen wird es sein, sensibel die Veränderungen zu beobachten und währenddessen herauszufinden, wie man auf sie reagiert. Die Weinstöcke registrieren vor allem die Temperaturverschiebungen. Winzer wie Franz Haas aus Südtirol haben schon erfahren, dass ihre Weine in höheren Lagen heute besser gedeihen.

Wer die Hausaufgaben macht...

Alle Regionen, die in der Vergangenheit in die Verbesserung von Anbaumethoden und Kellertechnik investiert und besseres Wissen haben, werden in diesem Rennen eine Länge voraus sein. Gesunde, robuste und an die klimatische Situation angepasste Rebsorten, die hochwertige Trauben hervorbringen, schaffen Vorteile. Solide bis hochwertige Weine lassen sich mit der richtigen Technologie bei geringeren Kosten produzieren als mit uneffektiven alten Methoden. Eben solche Weine, die dieses Buch beschreibt. Und sie werden auch in zehn Jahren noch diejenigen sein, die die meiste Beachtung finden. Wie beruhigend in einem Italien, das in nur 30 Jahren revolutioniert wurde.