Campania Stories 2015 - Steffen Maus zieht Bilanz

Endlich, es brodelt gewaltig in Kampaniens Weinszene!

Campania Stories 2015 - Fiano und Aglianico überzeugen

als die Leitrebsorten der Region Kampanien, viele neue Weingüter und alte Rebsorten warten auf eine Entdeckung

In Kampanien ist einiges los, die Geschichte der verschlafenen Weinregion mit wenig Dynamik muss neu geschrieben werden. Allein in den Jahren 2006 bis 2011 gab es Dutzende Gründungen neuer Weingütern. Zudem hat in einigen etablierten Betrieben die junge Generation das Ruder übernommen und dreht an der Qualitätsschraube.
Präsentiert wurden in diesem Frühjahr die Weine von mehr als 80 Weingütern, die in Vertikalen, Jahrgangsretroperspektiven, Master-Seminaren und Jahrgangsverkostungen vom Veranstalter Mirade & Partners gekonnt in Szene gesetzt wurden. Das Fachwissen des Journalisten Paolo di Cristofero überzeugte alle Anwesenden. Im Veranstaltungskatalog festgehalten, kann dieser Fundus nun von unseren Lesern über WEINWELTEN als pdf bezogen werden, ein echter Leckerbissen, nicht nur für Kampanienfans! Es fehlten nur Mastroberardino, Terredora, Fontanvecchia, Galardi, Molettieri, Quintodecimo, Di Meo.

Zur Weinbausituation

Der rote Aglianico und die Weißen Fiano und Greco spielen die Hauptrolle in Kampanien. In Irpinia, wo sie zuhause sind, wird lediglich 18% der Menge Kampaniens erzeugt, mehr als die Hälfte liefert die Provinz Benevento. Hier dominieren die Sorten Falanghina und Aglianico. Doch im Herzen von Irpinia liegt die zentrale „Weinstadt“ Avellino mit ihren Weinbergen im bergigen Hinterland auf 400 bis 700 m Höhe. Hier wo die Winzerdichte am höchsten ist, sind auch die meisten der bekannten Weingüter zuhause.
Einige Spitzenwinzer gibt es auch in anderen Anbaugebieten, doch bleiben sie positive Randerscheinungen, das betrifft das Cilento, Costa Amalfitana, Vesuvio, Campi Flegrei, Falerno del Massico oder Terre del Volturno (hier findet ihr noch mehr zu Kampaniens Weinen).

Das Fazit der Verkostungen

A) Taurasi ist ein gerbstoff- und säurebetonter Rotwein, der altern kann. Eine Tatsache, die sehr kontrovers diskutiert wurde, denn mitunter geht dabei die Frucht verloren und damit auch ein wenig die Freude daran. Hervorragende Weine können nicht über die Qualitätsdefizite hinwegsehen lassen. Taurasi ist kein Barolo oder Brunello und das wird sich auch in naher Zukunft nicht ändern.
Die rote Zukunft Kampaniens ist der Aglianico Irpinia (oder Campi Taurasini als Unterzone von Irpinia) bzw. Aglianico Campania aus den anderen Anbaugebieten. Diese Weine kommen nicht erst nach 5 Jahren auf den Markt, sondern schon nach 1-2 Jahren. Sie werden im Stahltank oder dezent im Holz ausgebaut und präsentieren sich mit zugänglichen, stets präsenten Gerbstoffen und einer frischeren Frucht als viele Taurasi-Weine. Topjahrgänge sind für die Aglianico-Rotweine eher die heißeren Jahrgänge wie 2011 und 2012.

B) Fiano di Avellino ist DER komplexe und langlebige Weißwein Kampaniens. Er begeistert die Kritiker und zählt für viele zu den ganz großen Weinen Italiens. Den heißen Jahrgang 2011 meisterten die bekannten Betriebe sehr gut, besser gefielen daneben die Jahrgänge 2012 und vor allem der kühlere 2013er, der neben 2010 sehr zu empfehlen ist. Diese Argumentation untermauert eine herrliche Vertikale von 2004 bis 2013 im Weingut Ciro Picariello. Darin fielen die geraden Jahrgänge positiv auf – 2006 – 2008 – 2010 – 2012 und eben 2013 als Abweichung von der Regel.
Bei einem Abendessen mit Weinen von I Favati, Sarno 1860, Colli di Lapio und Villa Diamante (Jahrgänge 2011, 2012, 2013) wurde diese Beobachtung gestärkt. Ebenso beeindruckend verliefen die Vertikalen des Fiano beim Besuch der Weingüter Villa Raiano und Donnachiara.
Was zeichnet den Fiano aus? Aromen von Lindenblüte, Trockenfrüchten, Haselnuss, Mandel, wilder Fenchel sind nur einige der komplexen Aromen, immer begleitet von einer herrlichen Mineralität und Saftigkeit am Gaumen, die zum Weitertrinken einlädt. Herrlich eigenständig und nicht mit anderen aus dem italienischen oder französischen Rebsortenschatz zu vergleichen. Am ehesten lässt sich eine Assoziationsbrücke zum Verdicchio aus den Marken schlagen.

Was ist anders beim Greco di Tufo?

Zwischen Greco und Fiano fällt die Wahl des Verkosters Steffen Maus auf Fiano, denn es ist der elegantere Wein von beiden, der Langlebigere und der Facettenreiche. Greco ist maskulin, aggressiv auf der Zunge und in regnerischen Jahren aufgrund seiner dünnen Beerenhaut sehr anfällig im Weinberg. Die dicke Beerenhaut des Fiano, die lockerbeerigeren Trauben sind ein Vorteil für den Fiano, und lassen ihn auch in trockenen, heißen Jahren zu einem charaktervollen Weißwein heranreifen. Zudem ist der Greco nach Aussage der Weinmacher im Keller deutlich schwieriger zu verarbeiten, da er reich an Proteinen ist, die den Wein rasch oxidieren lassen können. Fiano ist oxidativ weniger anfällig, trotzdem verwandelt sich die Farbe von einem Blassgelb in ein intensives Gelb-grün nach 5-6 Jahren. Nicht alle Weine zeigen diese Petrol-Alterungstöne.
In einem kleinen Gebiet von 8 Gemeinden wird nahezu doppelt so viel Greco erzeugt wie Fiano, der in einem viel weitläufigeren Gebiet von 24 Gemeinden angebaut werden darf. Das ist auch der Grund für die große Bandbreite im Charakter des Fiano und seiner Langlebigkeit, abhängig von Bodenzusammensetzung, Ausrichtung und Höhenlage. Ein faszinierendes Unterfangen, den Fiano in seinem Anbaugebiet zu entschlüsseln.

Die besten Weingüter, eine aktualisierte Liste nach den Verkostungen im März 2015 finden Sie in der Rubrik Top 25 beim Aglianico bzw. Fiano.