Eberhard Spangenberg ist Garibaldi

Viele in München kennen die Weinläden mit dem italienischen Flair, Rozsika Farkas zeigt den Menschen dahinter, der viel mehr bewegt hat, und den viel mehr als Wein bewegt...

Diesen Termin streichen sich die meisten italopohilen Weinfreunde in München dick im Kalender an: Hausmesse – oder vielmehr "Große Degustation", wie sie es hier nennen – in der Garibaldi-Zentrale. Dieses Jahr findet sie am Sonntag, den 13. November statt, und wie jedes Jahr werden sich Gastronomen, Privatkunden und Weinjournalisten um die auf zwei Etagen aufgebauten Stände drängen, an denen Winzer ihre edlen Tropfen ausschenken. Trotz des saftigen Eintrittspreises von 39 Euro dürften es wieder, wie in den Jahren zuvor, vier- bis fünfhundert Besucher sein, die sich auf den Weg in den Münchner Norden machen, um hier ein großes Fest des Weins zu feiern.
Vor allem hochkarätige italienische Weingüter – Felsina, Planeta, Foradori, Tedeschi, Braida, La Spinetta, um nur einige zu nennen – sind angekündigt, logisch, schließlich ist Garibaldi seit langem Platzhirsch in Sachen Vino italiano. Da das Sortiment inzwischen um internationale Gewächse erweitert wurde, nehmen auch einige prominente Winzer aus Deutschland, Frankreich und Österreich, etwa Reichsrat von Buhl, Châteauneuf-du-Pape-Legende Beaucastel und Schloss Gobelsburg an der Weinsause teil.
Heimlicher Star der Verkostung ist aber Gabriele Ferron. Er bringt keinen Wein mit nach München, trotzdem stehen die Besucher bei ihm Schlange. Ferron gilt als Risotto-Papst, den ganzen Nachmittag über köchelt er in Riesentöpfen unzählige Variationen seines Leibgerichts.

Seit 33 Jahren besteht die Weinhandlung, die den Namen des berühmten italienischen Guerilleros trägt. Ihr Gründer, Eberhard Spangenberg, ist nicht unbedingt ein Revoluzzer, aber doch ein Kämpfer – und zwar für Qualität. Begonnen hat der aus einer Verlegerfamilie stammende Münchner seine mäandernde berufliche Laufbahn damit, dass er in den 1970er Jahren, 19jährig, eine Kneipe aufmachte, ein Szenelokal, in dem es noch vor allem "um Bier, Schnaps und Sex" ging.
Der nächste gastronomische Betrieb war dann Ende der 70er das Café Ruffini, das Spangenberg mitgegründet hat und das bis heute existiert. Für die damalige Zeit war es geradezu extravagant in seinem Qualitätsstreben: Für jedes einzelne Produkt wurde der denkbar beste Lieferant gesucht; die Kuchen der hauseigenen Konditorei gehören noch immer zu den besten der Stadt. Da Spangenberg gern nach Italien fuhr (welcher Münchner fährt nicht gern nach Italien?), entdeckte er den italienischen Wein für sich und importierte eines Tages für das Ruffini einen Morellino di Scansano, einen bis dahin hierzulande unbekannten Rotwein von einiger Wucht.
 
Nach wenigen Jahren Ruffini-Zugehörigkeit lockte ein neues Projekt: Ein kleiner Laden in der Schellingstraße im Univiertel wurde die erste Garibaldi-Weinhandlung, heute sind es sieben. Von Anfang an gab es nicht irgendwelche Weine, sondern das Beste, was Italiens Weinberge hergaben. Größen wie den sagenhaften Amarone-Winzer Dal Forno, den genialen Stefano Antonucci aus den Marken oder Giorgio Rivetti von La Spinetta hat Eberhard Spangenberg für den deutschen Markt entdeckt. Wer sich in Italien mit Winzern unterhält, wird feststellen, dass jeder den Garibaldi-Mann aus München kennt, der unermüdlich unterwegs ist, bestehende Kontakte zu Winzern pflegt und neue aufbaut. Und der irgendwie zwischen all der Arbeit mit Bewirtung und Wein noch Luft und Energie gefunden hat für ein Studium der Theaterwissenschaften, für das Gründen eines Verlages, für das Schreiben von Büchern über Theater, für die Gründung der deutschen Slow-Food-Sektion...

Den Verlag gibt es nicht mehr, die Arbeit im Slow-Food-Vorstand hat Spangenberg aufgegeben. Weinhandel ist ein Job, der einem alles abverlangt, wenn man erfolgreich sein will. Es genügt nicht mehr, guten Wein anzubieten und die Kunden gut zu informieren. Schlau machen kann sich heute jeder in Minutenschnelle im Internet. Preise vergleichen, bestellen, liefern lassen – für den Kunden ist das Besorgen von Wein mit keinerlei Anstrengung mehr verbunden. Weinhändler hingegen müssen ihre Kundschaft heute auf vielfältigste Weise bespaßen. Garibaldi bietet dabei das maximale Programm: mit Weinproben und Weinsminaren, mit Lesungen und Winzerabenden, Partys und Reisen, Kinoabenden und Konzerten. Jede Woche finden in den Läden mehrere Veranstaltungen statt, stets gut besucht – mag sein, dass Eberhard Spangenberg der ja immer auch irgendwie ein Theatermensch war, hier seine perfekte Bühne gefunden hat

Zwei Weinempfehlungen von Eberhard Spangenberg

Weiß - Planeta: 2015 Carricante Eruzione 1614, Sizilien 19,90 €

Rot - Pelissero: 2013 Barbera d'Alba Piani, Piemont, 16,20 €

Ausgehtipp für den November in München - Die große Degustation

So 13. Nov von 15-20 Uhr, 39 € Eintritt (bei Einkaufswert ab 150 € werden 30 € angerechnet)

Lesetipp - Die Kolumne von Eberhard Spangenberg

FOTO OBEN: Eberhard Spangenberg in seinem Laden in der Schellingstraße 60

FOTO UNTEN: Kochen für die Mitarbeiter im Hauptsitz am Petuelring in München