Amarone und Ripasso von kleinen Weingütern

Drei Weinerlebnisse aus dem Valpolicella von Monte dall'Ora, Mosconi und Manara

Die Rhythmen der Natur respektieren, auf diese Kurzformel lässt sich der biodynamische Weinbau reduzieren. Carlo und Alessandra von Monte dall'Ora haben die alten Steinmauern auf ihrem Hügel Castelrotto in der Classico-Zone des Amarone wieder aufgebaut, damit die Biodiversität von Pflanzen und Tieren sich positiv auf das Land und die Reben in den Terrassen auswirken kann. Die Winzer betonen gerne, dass dieser Ort schon zu Römerzeiten als ein besonderer Energieort erachtet wurde, denn die Energie spielt im biodynamischen Weinbau eine große Rolle.... Ein weiterer Faktor ist entscheidend, das ist die Zeit (die Abwesenheit von Eile, oder anders gesagt die Ruhe), mit der die Winzer ihren Wein begleiten, ohne viel einzugreifen. Die Trauben werden natürlich natürlich getrocknet auf einem Dachboden wie zu den Anfängen des Amarone und Recioto (heutzutage reduziert die Trocknung mit Windmaschinen in Lagerhallen die Gefahr des Schimmelbefalls bei vielen Weingütern, was sich zweifelsohne positiv auf die Weinqualität auswirkt). 
Rebsorten und Menge: Mit Corvina, Rondinella, Molinara, Dindirella und Osoleta sind es die klassischen Sorten, die am Ende wenige Tausend Flaschen Stropa ergeben. Kleinstmengen, die für Carlo und Alessandra gut zu zweit zu bearbeiten sind. Das ist die Menge, und das bleibt die Menge! Anders als viele Kollegen lassen sie ihren Amarone im Keller reifen und verkaufen erst nach mehr als 8 Jahren.

Amarone und Ripasso von Monte dall'Ora

Amarone Stropa - Sehr gute Amarone-Wein gibt es heutzutage glücklicherweise eine ganze Menge... Warum mich gerade dieser Wein so fasziniert? Das lässt sich mit den üblichen Weinbeschreibungsvokabeln nur schwer fassen
Zu Recht wird der Amarone in die Kategorie Meditationswein oder Wein zum Philosophieren eingeordnet, denn als untypischer „Digestif“ oder „Stand alone“ ist der Stropa ein Wein, der viel zu erzählen hat. 
Meine Frau sagt: Der Wein will die volle Aufmerksamkeit (wie der Kerl).
Ich sage: Der Geschmack des Weines breitet sich langsam im Mundraum aus, hinzu kommt wohliges Gefühl im Magen, das sich weiter auszudehnen scheint, bis es in den Zehen und den Ohren angekommen ist – wie eine warme, wohlige Welle...
Die Assoziationskette (in erster Linie von meiner Frau, ergänzt von mir): In der Nase eine vornehme Süße mit Assoziationen von feinem Plantagenkakao (fragen sie mich jetzt nicht, welches Anbauland), dunkle Erde und Trüffel mit Anklängen von Tabak, kein profanes Leder oder Pflaumenfruchtkompott, der Geschmack entspricht dem Duft, sehr samtig im Mund, danach zupackende sehr fein gewebte Gerbstoffe, Harmonie in Vollendung für mich ein fast unglaubliches Weinerlebnis, nach 20 Jahren Weintrinken lernt man immer noch was dazu und wird positiv überrascht.
Serviertipp (Gilt für alle Amarone-Weine mit Gewicht und Tiefe): Aus dem Kühlschrank heraus servieren, in einem großen Glas, dann lässt sich der Charakter und seine Entwicklung in den geheizten Räumen des Winters oder des Kaminzimmers wunderbar mitverfolgen.

Sausto 2015 Ripasso - In seinem Ausdruck wirklich ein kleiner Bruder des Stropa! Erst zurückhaltend, fast nüchtern (im Sinne von wahrhaftig), sauber bis in die Fingerspitzen, ernsthaft in seiner Tiefe, leise und gewichtig, farblich ein helles rubinrot ohne Braunstich, feine Süße und feinnervige Säure, vornehme, samtig Gerbstoffe, die Sorgfalt, die diesem Wein vom Rebschnitt bis zur Abfüllung und Verkaufsstart entgegengebracht wird, ist spürbar am Gaumen. Rebsortencharakter, Anbaugebiet und biodynamische Machart führen zu Harmonie und Bekömmlichkeit in beeindruckender Art und Weise.

Tipp: Probieren sie den Wein zur Martinsgans! Von einer Kombination mit Schokolade würde ich absehen, weil bei den Weinen von Monte dall’Ora die Finesse und Eleganz im Vordergrund steht und weniger die Wucht und die starken Aromen wie bei anderen Amarone-Weinen. 

Ripasso: Die Technik, den Valpolicella-Wein auf den nassen Trester des Amarone zu geben, und damit eine zweite Gärung anzuregen, ist anspruchsvoll und kann zu allen möglichen, störenden Aromen führen, die mit Charakter verwechselt werden können. Sausto ist ein Paradebeispiel für einen gelungenen, großartigen Ripasso!

Restsüße: Weine aus dem Valpolicella, ob es nun Ripasso oder Amarone Weine sind, spielen mit einer angenehmen, mitunter spürbaren Restsüße. Beide Weine von Monte dall’Ora sind dagegen geschmacklich sehr trocken, stützen ihre Qualität nicht auf die Süße, sondern auf die innewohnenden Qualitäten der Rebsorten und des Trocknungsprozesses, oder anders gesagt auf die süßlich anmutenden Appassimento-Aromen und die dezenten Gerbstoffe der Sorten des Valpolicella. 

Das Weingut Manara

Giovanni Manara ist Teil einer großen Familie, die mit ihrem Weingut im Herzen des Valpolicella Classico zuhause ist. Man versteht sich und bei Familienfesten kommt das Lachen nicht zu kurz. Auf dem Foto sind 3 Generationen zu sehen, Giovanni steht links von seiner Mama, der rüstigen Chefin des Clans. 
Seine Familie ist bodenständig und verbunden mit dem Land des Valpolicella, wo die Weine in handwerklicher Manier im Weinberg und Keller erzeugt werden. Seine Zugehörigkeit zum europäischen Verband der „Vignaioli indipendenti“, dem Zusammenschluss kleiner Familienweingüter, ist ein Glaubensbekenntnis im besten Sinne und kein Marketingargument.
Der fast behäbig wirkende Mann, Mitte 50, hat einfach die Ruhe weg, die es braucht für die Erzeugung des Amarone und seines Ripasso. Dabei stört es ihn auch nicht, dass er wegen seines Nachnamens von außerhalb schon mal mit dem berühmten Erotik-Comic-Zeichner Milo Manara verwechselt. Das zeichnet ein verschmitztes Lächeln auf sein Gesicht.
Die Weinberge des kleinen Weingutes liegen in den Hügeln der wohlklingenden Weinorte San Pietro in Cariano, Negrar und Marano del Valpolicella. Mit dem ins Dorf eingebetteten Kellereineubau haben sich die Manaras auf die Zukunft ausgerichtet, ohne dabei zu vergessen, was seit dem Gründungsjahr 1950 sich alles für Sie im positiven Sinne bewegt hat.

Amarone und Ripasso von Manara

Amarone Postera - Die Trauben stammen aus dem Weinberg auf einer Hügelkuppe in der Gemeinde Marano, der den ganzen Tag die Sonne genießen kann. Postera ist der Dialektbegriff für eine solche Lage. Getrocknet werden die Trauben für 3-4 Monate und die Brüder achten peinlichst darauf, dass die Trauben im nebligen Winterwetter gesund bleiben. Der zuckerreiche Saft gärt danach für mehr als 40 Tage langsam vor sich hin. Und nach dem einjährigen Ausbau in kleineren Holzfässern aus französischer Eiche reift der Wein reift der Wein zwei Jahre im Edelstahltank und ein gutes Jahr in der Flasche.  
Postera ist zweifelsohne der imposantere Rotwein der zwei Amarone-Varianten des Weingutes Manara. Sein samtiges Mundgefühl ist die Basis für die harmonische Verbindung der konzentrierten, süßen Aromen vom Appassimento (dem Trocknen der Trauben) mit den edlen, feingewebten Gerbstoffen der französischen Eiche.
Postera ist ein üppiger, ja fast opulenter Rotwein, und es ist gleichzeitig ein trinkiger, ja leichtfüßiger Rotwein, der zum Weitertrinken einlädt.
Kaum ein Winzer im Valpolicella, der nicht mit der Antwort aufwartet, dass zum Amarone reife Käsesorten und kräftige Fleischgerichte hervorragend passen. Probieren Sie es einmal im Kontrast mit einer kleinen Bitter-Schokoladenverkostung zum Wein! Denn die Aromen der Schokolade und des Weines schwingen sich gemeinsam zu neuen Höhen auf.

Valpolicella Ripasso Le Morete - Aus den klassischen Sorten gekeltert, wird der junge Rotwein erst im Februar mit den nassen, zuckerreichen Trestern des frisch abgepressten Amarone vereint. Die zweite Gärung gibt dem Valpolicella Classico eine Extraportion Kraft, Struktur und Komplexität der Aromen. Danach wird der Wein für 1 Jahr im Holzfass ausgebaut, in dem sich der Wein zu einer Einheit heranreifen kann.
Der Ripasso ist der perfekte Einstieg ins Thema Amarone. Er duftet nach getrockneten Rosinen, wirkt wie ein kleiner Amarone im Duft, und entwickelt am Gaumen ähnliche Aromen und eine samtige Gerbstoffstruktur, die jedoch nicht die Wucht und überbordende Kraft eines Amarone besitzt. Mineralisch ist er trotzdem und auch nachhaltig am Gaumen. Für die Ausgewogenheit sorgen die beiden feinfruchtigen und säuremilden Sorten des Anbaugebietes. 
Ein Ripasso kann ein Essensbegleiter sein, muss es aber nicht, denn seine süße Kraft verzaubert als Wein 

Das Weingut Mosconi

Marco und Valentina sind Quereinsteiger...Wenn ein Vermessungstechniker (mit Musikdiplom Posaune) und eine Psychologin durchstarten... dann starten sie Biologisch und mit Facebook heutzutage... Ab 2006 im Illasi-Tal am Wirken, in Nachbarschaft zum Kultwinzer Dal Forno, ist Ihnen eines besonders wichtig: „Profondita, eleganza e precisione aromatica“ in ihren Weinen. Aus 40 Jahre alten Reben in Nachbarschaft zum Weingut (nur 8ha insgesamt) erzeugen sie Amarone, aber auch Valpolicella und Soave.
Übrigens gibt es auf ihrer Webseite derzeit keine Neuigkeiten zu lesen, das wird wohl am Erstgeborenen liegen, der beide auf Trab hält und das ist ja schon Neuigkeit genug. Und die schönen Fotos erzählen ihre Geschichte ohne viele Worte..., jedoch zum Wein lässt sich dann doch – wen wundert es – aus meiner Sicht einiges erzählen:

Amarone von Mosconi

Amarone della Valpolicella - Bei seinem Amarone geht der Techniker fast mathematisch vor: 90 Tage Traubentrocknung, ein Mostertrag von nur 30 hl/ha führen zu einem kräftigen Amarone mit 16,5 Vol% in diesem besagten Jahrgang, die für 24 Monate in kleinen Eichenholzfässern gezügelt und harmonisiert wurden. Schon nach wenigen Jahren ist Marco seinem Ziel sehr nahe gekommen, Weine mit Tiefe, Eleganz und einem klaren Aromenprofil zu erzeugen. Das hat bereits für viel Aufsehen gesorgt und ihm den Status des Geheimtipps im Anbaugebiet eingebracht, dessen Amarone in den Sommelierkreisen Italiens hoch gehandelt wird. Stets aufs Neue faszinierend, was sich aus den Sorten Corvina, Corvinone, Rondinella, Molinara, Dindarella und Osoleta und dem einzigartigen Prozess des Amarone für großartige Weinmonumente formen lassen, die ihren Terroirchcharakter transportieren und nicht alle ähnlich schmecken. Das wird das Anbaugebiet Valpolicella mit seinen verschiedenen Tälern auch weiterhin in der ersten Liga der italienischen Rotweine halten. Wohl bekomms!