Frühling wird's / Die Lust auf Rosa und Rosé-Weine

Weinwelten Autor Patrick Hemminger hat zwei Roséwein-Herkünfte getestet, die unterschiedlicher nicht sein können.

Ab in den Keller mit euch zu den Winterjacken! Seid verbannt in die Dunkelheit, ihr Amarones, Barolos und anderen schweren Tropfen. Wir holen die Sonnenbrillen raus, krempeln die Ärmel hoch und genießen die ersten Sonnenstrahlen. Da seid ihr fehl am Platz, da steht uns der Sinn nach etwas Leichtem. Etwas Frischem. Etwas zum Spaß haben.

Wir gehen also ausnahmsweise einmal ganz mit der weltweiten Mode und begeben uns auf die Suche nach einem Rosé. Denn dass dieser lange verpönte Tropfen immer mehr Freunde gewinnt, lässt sich nicht leugnen.
Um es interessant zu machen, besuchen wir zwei sehr unterschiedliche Anbaugebiete in Italien, deren Weine wir direkt vor Ort verkosten: den Stiefelabsatz Salento im heißen Süden und den nördlich gelegenen Gardasee. 
Damit ergeben sich schon klimatisch gesehen Unterschiede, die sich in der Auswahl der Trauben fortsetzt. Im Rosé-Wein des Gardasees, dem Chiaretto, dominiert die Corvina-Traube, die für eine eher leichte und duftige Note steht.
Im Salento Rosato dagegen ist Negroamaro die wichtige Rebsorte. Aus dieser Traube lassen sich saftig-würzige bis kraftvolle Weine keltern.

Praxistest Bardolino Chiaretto gegen Salento Rosato

Kaum sind die Weine in den Gläsern, ist der Unterschied bereits zu sehen: Sehr hell, meist lachsfarben präsentieren sich die Tropfen vom Norden. Denen aus dem Süden dagegen sieht man die Kraft an der dunkleren Farbe an, die oft sogar bis ins Rubinrote geht.
In der Nase setzen sich die Unterschiede fort. Fast alle Chiarettos sind mit Noten von Himbeere und Erdbeere sehr zugänglich. Die weniger gelungenen unter ihnen gleiten ins bonbonhafte ab. Genau so geht es am Gaumen weiter: Frisch und fruchtig mit animierender Säure aber auf keine Fall sonderlich komplex.
Das passiert den Rosato-Weinen im Salento gelegentlich auch, aber deutlich seltener. Diese Rosé sind in der Regel kräftiger und komplexer als ihre Verwandten aus dem Norden, riechen und schmecken nach Johannisbeere, oft gepaart mit Kräuterwürze. Beim dem einen oder anderen kommen sogar Aprikose, Pfirsich oder Stachelbeere ins Spiel.

Ein problematischer Jahrgang

Die getesteten Weine sind alle Jahrgang 2014, und das war ein sehr schwieriges Jahr. Die Winzer am Gardasee hatten damit noch mehr zu kämpfen als ihre Kollegen im Süden. Zum Beispiel im Juli, da regnete es an 17 Tagen und es kam mehr als drei Mal so viel Wasser vom Himmel als sonst.  
Die Rebstöcke waren fast immer feucht, "die Winzer mussten dauernd spritzen", sagt Angelo Peretti vom Bardolino-Konsortium. Am Ende fiel die Ernte mit etwa 20 Prozent unter dem Durchschnitt aus.
Auch im Salento kam es zu Problemen mit Ernteeinbußen, obwohl in den heißen Ebenen des Südens fast immer Wind weht, der die Weinberge föhngleich trocken bläst. Luigi Seragga Guerrieri vom Weingut Castello Monaci erklärt, was ein schwieriges Jahr in dieser Gegend bedeutet: "In normalen Jahren müssen wir vielleicht zwei Mal raus, um gegen Pilzbefall zu spritzen. 2014 waren es acht Mal, das ist enorm viel für uns."

Unter dem Strich….


Soll es der erste Wein des Jahres sein, der unter freiem Himmel genossen wird, unter den erst sanft wärmenden Strahlen der Sonne, dann ist für uns ein Chiaretto vom Gardasee die erste Wahl - ein Wein ohne viel Chichi und Ansprüche an den Gaumen.
Wer es aber etwas kräftiger mag, vielleicht auch eine Kleinigkeit dazu essen möchte (etwas Burata mit Olivenöl und Brot zum Beispiel), der sollte zum Salento Rosso greifen. 
Seine zunehmende Beliebtheit ist nachvollziehbar. Er hat auch mit uns wieder neue Freunde gewonnen. Abgesehen von seiner überzeugenden Trinkigkeit, gehört er übrigens auch zu den preiswerten Weinen. Ein guter Chiaretto oder Salento Rosato ist fast immer für unter 10 Euro zu haben.

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