Der Sommelierkurs Italienischer Wein 

Lektion 2 - Weincharakter

2 Die Grundlagen des italienischen Weines

Übung 2.1: Italiens Geographie - Zeichnen Sie den Stiefel Italiens mit den politischen Regionen und Städten auf einem DIN A4 Blatt. Bedienen Sie sich der Vorlagen im Internet.

2.1 Anbau - Klima und Topografie

Manche Rebsorten spüren den Wind des Meeres, andere blicken auf stolze Dreitausender. Italien besitzt eine große Vielfalt an Anbaugebieten und Rebsorten, insbesondere autochthone. Aufgrund der besonderen Ausdehnung Italiens und der Lage im Mittelmeer verändert sich das Klima von Nord nach Süd spürbar. Hinzu kommt, dass innerhalb eines Gebietes wie Südtirol, die Weinberge sich von 250 m bis  auf 1100 m über NN erstrecken, was unterschiedliche Erntezeitpunkte mit Differenzen von Wochen bedeuten kann. Im Chianti des Chianti Classico variieren die Weinbergslagen zwischen 250 und 650 m über NN. Und in Montalcino gibt es bei lediglich 15 km2 sehr große Unterschiede im Mesoklima im Nordwesten bzw. Südosten des Anbaugebietes.

Entlang der Alpen im Norden beeinflusst ein Bergklima mit heißen Sommertagen und kühlen Nächten den Weinbau. In der breiten und flachen Poebene der Emilia-Romagna sorgen neblige Winter und feuchte Sommer für ein eigenständiges Klima. In der Romagna beginnt der Gebirgszug Apennins und zieht sich bis nach Sizilien. Er sorgt für eine Trennung des Landes in den Weinbau entlang der Adria und den Weinbau auf der Mittelmeerseite.
Weinbau spielt sich in Italien größtenteils an den Hängen bzw. in den Hügeln ab. Das Wasser kann abfließen, die Sonneneinstrahlung ist direkter und die Böden sind weniger fruchtbar. Einige Ausnahmen sind die flachen Anbaugebiete in Sizilien mit Marsala oder Noto in Meersnähe, Apulien mit dem Salento, das Grave-Gebiet im westlichen Friaul, die Emilia mit ihrem Lambrusco und die toskanische Küste mit dem Rotwein Bolgheri.

Was die Regenmenge pro Weinanbaugebiet für die Charakterisierung des Weines angeht, so ist festzuhalten: Niederschläge sind unberechenbar. Natürlich sind 250 mm wie im Vinschgau in Südtirol oder 1.200 mm im Extremfall ein Riesenunterschied; für das Erlernen des italienischen Weines spielt diese sehr angelsächsische Herangehensweise eine untergeordnete Rolle. Entscheidend sind die letzten Wochen vor der Ernte für die Traubenqualität und auch die Vegetationsperiode im späten Frühjahr mit Austrieb und Fruchtansatz für die Gesundheit des photosynthesefreudigen Blattwerks. In Italien fällt der meiste Regen im Winter, die Sommer sind normalerweise trocken und heiß. Doch auch in Italien gab es schon verregnete Erntemonate im für gewöhnlich heißen Sizilien bzw. heiße und trockene Sommermonate im nördlichen Venetien. Deshalb sind detaillierte Jahrgangsbetrachtungen wichtiger als noch in den achtziger Jahren. Eine Erörterung der heißen und trockenen Jahrgänge als Auswirkung des Klimawandels finden Sie im Ausblick der Weingeschichte 2011 - 2020.

2.2 Anbau - Boden und Rebe

Terroir ist wichtig, doch sollte es nicht - auf jeden Wein und Weinregion überall angewandt- zu wichtig genommen werden. Die allermeisten Reben wachsen auf einem klassischen Mix aus Ton, Lehm und Sand mit variierendem Gesteinsanteil. Gerade dieser Gesteinsanteil macht in etlichen Fällen das Terroir jedoch wertvoll und besonders, wenn es zb ein dominiernder Kalkstein- oder ein Granit-Untergrund ist. 

Im Piemont definiert ein bläulich-grauer Kalkmergel die Hügel der Langhe des Barolo und Barbaresco, in der Toskana spielt der Tonschiefer-Galestro für den Sangiovese im Chianti und in Montalcino eine große Rolle beim Terroircharakter, in den Hügel des Collio im Friaul ist es der bröselige Marne-Boden marinen Ursprungs prägend. Böden vulkanischen Ursprungs haben ihren besonderen Reiz, wie in Sizilien am Etna oder der Basilikata am Monte Vulture. Hier wachsen die Böden auf feinkörniger Lavaerde, teils werden sie auch von einer großen Flugsand- und Lehmschicht überdeckt, so dass der Einfluss gering ist. Schwemmlandböden mit kleinen und großen Kieselsteinen im Lehm/Sand-Gemisch finden sich angrenzend an die Alpen im Grave-Gebiet des westlichen Friauls. Moränenböden mit allerlei Gesteinsarten von Kalkstein bis Porphyr kennzeichenen die Weinberge in Südtirol und dem Trentino bis hinunter ins Veneto und den Gardasee.
Fazit: Terroir zu schmecken, das darf bei allen Faktoren, die den Geschmack ausmachen, nicht überbewertet werden. Am ehesten sind des die hohen Gesteilsanteile im Boden, welche den Weinen, weiss wie rot, ihre Definition und präzises Rückgrat mitgeben.

Rebenerziehung: Historisch wird in Italien in etlichen Regionen die Pergola-Erziehung genutzt, wie sie flächendeckend im Trentino, in Venetien und den Abruzzen zu sehen ist. Die Reben bilden dabei ein schattiges Dach für die Trauben, die bei der Ernte von Hand in Kopfhöhe gelesen werden. Beginnend mit den achtziger Jahren wurden in den neuen Weinbergen die Reihenerziehung auf einem Drahtrahmen angewandt; Sowie Guyot (Bogenerziehung) bzw. Cordon-Erziehung (Zapfenschnitt) eingesetzt, weil so der Ertrag der Reben besser reguliert werden kann und ihr Blattwerk einfacher und zeitsparender zu bewirtschaften ist. 

Im Süden Italiens ist die Alberello-Buschrebenerziehung die traditionelle Reberziehungsform. Aufgrund der Rodungsprämien der EU in den Achtziger Jahren zur Verringerung der Weinbaufläche ist ihr prozentualer Anteil stark zurück gegangen. Die Alberello-Erziehung liefert kleine Erträge, verlangt viel Handarbeit, weshalb qualitätsbewußte Winzer von Nord bis Süd sie wieder neu belebt haben.

Hinweis – Rebsorten und Erntezeitpunkte: Es gibt frühreife Sorten (z.B. Dolcetto oder Primitivo), die sehr zuckerreiche, fruchtige Rotweine ergeben, und sehr spätreifende Sorten (z.B. Nebbiolo oder Nerello Mascalese), deren Gerbstoffe spät ausreifen und deren Säure prägnanter ist. Mehr Informationen dazu finden Sie im jeweiligen Weinkapitel.

2.3 Ausbau - Wein im Keller

Einfache Weine im einstelligen Eurosegment werden in der Regel im Stahltank für einige Monate ausgebaut und mit Reinzuchthefen vergoren. Höherpreisige, alterungsfähige Rotweine werden in der Regel für 10 bis 18 Monate im kleinen oder großen Holzfass ausgebaut. Der Disput, ob ein Barrique-Fass (225l) oder ein großes Holzfass (2000 l oder mehr) für einen Barolo oder Brunello besser geeignet ist, wurde in den neunziger Jahren vehement geführt. Heute erkennen beide Seiten an, dass beides je nach Weingutsphilosophie seine Berechtigung hat. Viele Spitzen-Winzer setzten auch beim Rotwein keine Hefen zu, sondern vertrauen auf die natürlichen Hefen der Trauben.
Ein neuer Trend ist die Wiederbelebung einer alten Tradition, der Vergärung in Zementtanks (oder Terracotta-Amphoren) wie in den fünfziger Jahren, als es noch keine Stahltanks gab.
A) Der Anteil der Bioweine steigt, mehr dazu im Artikel Bioweine unter Weinwissen. Eine Randerscheinung mengenmäßig sind die biodynamisch erzeugten Weine, ebenso die Weißweine, die auf den Schalen vergoren werden, und sich dann B) Orange-Weine nennen. Pioniere sind Winzer, wie Gravner und Radikon im östlichen Friaul.
C) Schwefelfreie Weine sind ein weiterer Trend in Italien, der noch nicht abschließend eingeordnet werden kann.

Zahlen: Ausbauzeit und Menge der berühmten DOCG-Rotweine

Amarone (4 Jahre): 15-16 Mio. Fl. plus 30 Mio. Fl. Ripasso
Barbaresco (3 Jahre): 3-4 Mio. Fl. plus Langhe Nebbiolo/Nebbiolo d‘Alba
Barolo (4 Jahre): 9-10 Mio. Fl. plus Langhe Nebbiolo/Nebbiolo d‘Alba
Brunello (5 Jahre): 8-9 Mio. Fl. plus 4 Mio. Fl. Rosso
Vino Nobile (3 Jahre): 5-6 Mio. Fl. plus 5 Mio. Rosso
Chianti Classico Riserva/GS (2 Jahre/3 Jahre): 30-35 Mio. Fl. inkl. Annata

2.4 Essensbegleitung und Trinkgenuss

Säure ist das Stichwort, zumindest für die italienischen Rotweine. Die einheimischen Rebsorten besitzen – anders als Cabernet oder Merlot – eine kräftige Säure und griffige Tannine (Synonym für Gerbstoffe). Beides sind unverwechselbare und unverzichtbare Bestandteile, um den säurehaltigen Tomatensoßen und deftigen Wurstwaren Paroli zu bieten. Die Weißweine Italiens besitzen dagegen einen trockenen, fast sanften Charakter und würzige Fruchtaromen. Das macht sie zum Gegenentwurf des deutschen Rieslings bei der Speisenbegleitung. Ein Verdicchio aus den Marken passt z. B. mit seiner leichten Bitternote hervorragend zu Meeresfrüchten, ein Friulano aus der Sorte Tocai aus dem Friaul zu Salaten bzw. dem luftgetrockneten San Daniele-Schinken aus der Region. Ein spannendes Thema zur Vertiefung.

2.4.1  Alterungspotenzial

Die hochwertigen Rotweine wie Brunello, Barolo oder Chianti Classico können sich in der Flasche 10 – 25 Jahre verfeinern. Dies gilt auch für den leicht restsüßen Amarone-Rotwein aus getrockneten Trauben. Preiswertere Rotweine mit einer Säure- bzw. Gerbstoffstruktur können 5-10 Jahre gelagert werden.
Natürlich besitzt man bei den norditalienischen historischen Rotweinen mehr Erfahrungswerte als bei den jungen Rotweingebieten aus dem Süden Italiens, wie dem Etna Rosso, bzw. gibt es nur wenige Kellereien in den historischen Weingebieten Salice Salentino in Apulien oder Taurasi in Kampanien.

Lagerfähige Weißweine - Es gibt auch Weißweine, z. B. aus dem Friaul, Südtirol, den Marken, und in Südtirol, die zehn Jahre und mehr reifen können. In der Regel sollten Weißweine aber im Zeitraum von 2-6 Jahren getrunken werden. Lediglich 2-3 Jahre sollten preiswerte Weißweine aus Sizilien, Pinot Grigio aus Norditalien oder der Prosecco frizzante aufbewahrt werden.

2.5 Vokabeln des italienischen Weins - Weine

Rebsorten und Anbaugebiete tauchen in den folgenden Kapiteln auf, Sie erhalten hier einen Überblick über die wichtigen Weine. Halten Sie Rebsorten und Anbaugebiete auseinander! Lernen Sie, die Weine den Regionen zuzuordnen. Rote Spitzenweine sind der Barolo und der Barbaresco, der Brunello, der Chianti Classico und der Amarone della Valpolicella. Sicherlich spielen die Referenzrebsorten des Südens mit dem Nero d’Avola, Negroamaro, Montepulciano oder Aglianico nicht in dieser Liga. Andererseits gibt es mengenmäßig sehr bedeutende Weine, zu denen auch der Montepulciano gezählt werden muss. Chianti, Pinot Grigio, Prosecco, Primitivo sind weitere Eckartikel des Einzelhandels und Discounters. In großen Mengen werden auch Asti Spumante, Lambrusco oder Soave erzeugt, doch spielen diese mittlerweile in Deutschland eine nachrangige Rolle.

Die Top Rankings der italienischen Weine:

Große Menge Sekt / Weißwein: Asti Spumante – Prosecco – Pinot Grigio del Veneto

Große Menge Rotwein: Montepulciano – Chianti – Nero d’Avola - Valpolicella - Primitivo

Rote Spitzenweingebiete: Barolo/Barbaresco – Chianti Classcio – Brunello – Amarone

Weiße Spitzenweingebiet (inkl. Sekt): Collio und COF Bianco im Friaul – Südtirol Weißburgunder und Chardonnay– Franciacorta – Verdicchio di Jesi 

Süditalienische Rotweinsorten: Nero d’Avola – Negroamaro – Primitivo – Aglianico 

Übung 2.2 Die Weinerzeugung der Regionen - Finden Sie auf weinwelten die Tabelle mit der Weinproduktion in Italien, aufgeteilt nach den politischen Regionen (Venetien, Abruzzen usw.) und machen Sie sich klar, welche Regionen viel Wein erzeugen. Was sind die großen Drei?

Hinweis zu Preisen von Aldi und Co: Die Preisangaben in den folgenden Kapiteln beziehen sich auf Fachhandelspreise bzw. Preise im Weingut. Tiefstpreise in Aktionen der Discounter Aldi und Lidl weichen davon nach unten ab. Aktionen beim Barolo oder Brunello vor Weihnachten sind sogenannte Spotgeschäfte. Große Abfüller kaufen die Restbestände günstig auf und vermarkten diese dann.

ELEMENTAR - Die ultimative Tabelle mit allen wichtigen Vokabeln des italienienischen Weines und deren Zuordnung. 

TABELLE ITALIENWEINWISSSEN AUF EINEN BLICK