Der Sommelierkurs Italienischer Wein 

Lektion 6 - Das Veneto mit Amarone, Bardolino und Prosecco

6 Venetien

In Venetien wird fast überall Wein angebaut. Der für uns relevante Weinbau bekannter Herkünfte findet in den Hügeln nordöstlich von Venedig und im Umland von Verona statt. Dabei sind der Westen des Veneto mit seinen historischen Weinen Valpolicella, Bardolino und Soave und der Osten mit dem Piave und Prosecco-Meer zwei recht divergente Weinwelten mit Menschen unterschiedlicher Prägung. Beginnen wir mit dem Osten, der ans Friaul angrenzt. 

KLICK zu den Landkarten mit den Anbaugebieten, den zentralen Städten, Autobahnen, Bergen und Flüsse, die als Bezugspunkte dienen.

6.1 Prosecco

Das Hinterland von Venedig ist Proseccoland. Demgegenüber können die vielen Stilweine der DOC Piave getrost vernachlässigt werden, denn der Erfolg des Prosecco sucht seinesgleichen. In den Neunzigern begann der Aufstieg des „frizzante“, der vor allem Deutschland im Sturm eroberte. Es gibt ihn vom einfachen Discounterartikel bis hin zum hippen Markenprodukt, das in der Szenegastronomie auch schon mal neben dem Champagner stehen darf. Und dieser Erfolg führte zu einer riesigen Ausweitung des DOC-Anbaugebietes, in dem im Jahre 2020 rund 500 Mill. Flaschen produziert wurden. Wichtig und sinnvoll ist deshalb die klare Unterscheidung von Prosecco Superiore DOCG mit seinen 90 Mill. Flaschen aus den Hügeln und der Prosecco DOC.
Glera ist die Hauptrebsorte, aus der der Prosecco erzeugt wird. Im Charmat-Verfahren, wie beim Lambrusco, werden die Perlen in einem großen Tank - durch eine zweite Gärung des Grundweines durch die Zugabe von Zucker – erzeugt und unter Druck abgefüllt. Je nachdem wie viel Druck entsteht, ist das Produkt dann ein frizzante (ca. 3 bar) oder Spumante (>4 bar). Die Perlen gibt es in den Versionen Brut, Extra Dry und Dry; letztere ist bereits von deutlich spürbarer Süße geprägt. Einige wenige Winzer experimentieren seit wenigen Jahren auch mit Methode "rifermentato in bottiglia" (mit Hefe in der Flasche) und Dosaggio Zero (ohne Restzucker) der Sorte Glera.

Übung 6.1: Die Seite des Prosecco DOCG www.prosecco.it ist sehr informativ und lesenswert. Notieren Sie die Unterschiede der Anbaugebiete Prosecco DOC und Prosecco Superiore DOCG.

Ebenso wichtig wie die Herstellung ist die Unterscheidung der Anbaugebiete. Vergleichbar mit dem Chianti gibt es ein hügeliges Herzstück zwischen Conegliano und Valdobbiadene, wo die Sorte Glera an steilen Weinbergshängen in einem landschaftlich sehr schönen Umfeld angebaut wird. Hier ist die Faszination Prosecco entstanden, hier sind die besten Winzer zuhause. Neben dem großen Haus Villa Sandi sind Bortolomiol, Adami oder Nino Franco herausragende Erzeuger. Das Preisnivau vom Superiore liegt zwischen 8 und 15 € EVP, die mengenmäßig deutlich größere DOC-Ware ist in der Regel zwischen 3 und 8 € EVP angesiedelt. Es gibt ca. 7.200 ha Superiore und eine stark wachsende Anbaufläche des DOC Prosecco, aktuell sind es bereits mehr als 25.000 ha.

HINWEIS Pinot Grigio: Der mengenmäßig und in seiner Popularität vergleichbare Wein zum Prosecco ist der Pinot Grigio. Die Kellereien beziehen die großen Mengen in der Regel in ganz Nordostitalien, dem Trentino, Veneto und dem westlichen Friaul. Dieser wurde bis vor einigen Jahren als Pinot Grigio als IGP-Wein del Veneto oder delle Tre Venezie abgefüllt. Mit der Aufwertung zur DOC Pinot Grigio delle Venezie sollte der Markt besser reguliert werden können, aktuell spricht man von 270 Mill. Flaschen und fast 30.000 ha Rebfläche. Die erlaubten Erntemengen sind bei der IGP höher als bei den DOP-Weinen. Qualitativ top ist der DOC Pinot Grigio aus Südtirol oder dem Friaul.

6.2 Die Weine von Verona und dem Gardasee

Valpolicella, Soave, Bardolino – welch wohlklingende Namen der italienischen Lebensart. Allesamt sind es historische Weine und keine Shootingstars, wie der Lugana Weißwein oder der Ripasso-Wein. Mit dem Amarone wird ein einzigartiges Monument im Valpolicella erzeugt.

6.2.1 Amarone della Valpolicella

Ein Wein aus getrockneten Trauben mit 15 – 17 Vol% Alkohol ist zwangsläufig sehr eigenständig im Geschmack. Wir sprechen vom Amarone della Valpolicella. Die Weinberge dieses Rotweines liegen in einigen schmalen Tälern unweit von Verona. Wie fünf Finger einer Hand verlaufen sie vom hügeligen Nordteil nach Süden hin zur Etsch. Weinorte sind Fumane oder Negrar. Hier wachsen in den Weinbergen die autochthonen Sorten Corvina, Corvinone, Rondinella und ein paar weitere, welche die Basis für die Weine des Gebietes bilden. Wichtig ist es zu wissen, dass aus einem Weinberg vier verschiedene Weine erzeugt werden können: Valpolicella, Valpolicella Ripasso, Amarone und Recioto.

Beim Amarone werden 2-3 Monate getrocknete Trauben - der Wasserverlust konzentriert die Inhaltsstoffe der Beeren - gekeltert und aus dem zuckerreichen Most ein kräftiger, trockener Rotwein mit einer leichten Restsüße erzeugt. Dieses Monument reift in großen oder kleinen Holzfässern und besitzt eine Lagerfähigkeit von oftmals 20-30 Jahren. Die süße Version davon ist der Recioto, der bis nach dem zweiten Weltkrieg der besondere Wein des Gebietes war. Heute ist er, im Gegensatz zum Amarone, dessen Menge sich in den letzten 20 Jahren vervierfacht hat, eher ein Nischenprodukt. Das Preisniveau des Amarone beginnt bei 10 € im Supermarkt und geht bis jenseits der 100 € bei den Kultwinzern. Bekannte Kellereien sind Allegrini, Tedeschi, Speri, Masi und das Traditionshaus Bertani; daneben gibt es mehrere Dutzend sehr guter Erzeuger, die unter den Weintipps auf weinwelten gelistet sind.

Ein Wort zum Ripasso – Wenn man nun im Tank diese noch feuchten Trester des Amarone auf einen fertigen Valpolicella Rotwein gibt, dann findet eine zweite Gärung statt, der Rotwein erhält mehr Kraft und Komplexität. Aus diesem technisch heiklen Prozess entsteht der Rippasso – eine Brücke zwischen Valpolicella und Amarone-Weinen. Das Ripasso ist ein tradtionelles Verfahren, erst seit etwa 10 Jahren dürfen es alle Winzer des Gebietes nutzen, und die Produktionszahlen steigen von Jahr zu Jahr. Dagegen nimmt die Menge des einfachen Valpolicella ab, weil weniger Trauben zur Verfügung stehen. Auch dieses Anbaugebiet arbeitet mit den Begriffen Superiore und Classico.

Ausführliches Spezial Amarone und Valpolicella mit aktuellen Zahlen finden Sie unter Nahaufnahmen. Die Produktion von 7.800 ha Rebfläche (50% Classico, 50% DOC) verteilt sich auf 18 Mill. Flaschen Valpolicella, 30 Mill. Flaschen Valpolicella Ripasso und 15 Mill. Flaschen Amarone (gemittelt über die Jahre).

Übung 6.2: Finden Sie heraus, wofür Classico und Superiore im Anbaugebeit Valpolicella stehen. Die Internetseite des Konsortiums ist in Englisch, in deutscher Sprache hilft Ihnen das Spezial Valpolicella auf www.wein-welten.com.

6.2.2 Bardolino und Soave

Entlang des Gardasees um den Ort Bardolino wird ein leichter Rotwein aus den gleichen Sorten wie im Valpolicella erzeugt (Corvina, Molinara, Rondinella und weitere), daneben sind einige weitere Sorten wie Barbera, Sangiovese oder Marzemino erlaubt. Qualitativ gibt man sich Mühe, doch hat die Bedeutung in Deutschland abgenommen. Eine Chance für Marktdurchdringung könnte der Bardolino Chiaretto sein, die Rose-Version aus dem Gebiet, die irgendwie zum Seegefühl passt.

Soave dagegen ist der historische Weißwein aus den Weinbergen der Ortschaften Soave und Monforte d’Alpone. Das Gebiet schließt sich im Osten ans Valpolicella an. Die Sorten Garganega und Trebbiano di Soave bilden die Grundlage und liefern einen sanften, leicht aromatischen Weißwein mit einer salzigen Note von den gesteinsreichen Böden im Classico-Gebiet. Bekannte Erzeuger sind Pieropan oder Gini. Soave ist eines der historischen Weinangebieten Italiens. Nach vielen Jahren der Nichtbeachtung erlebt dieser interessante Weißwein endlich seine Renaissance, denn es gibt etliche, kleine Weingüter mit spannenden Weinen vom Vulkan- oder Kalkboden in der Classico-Zone.

KLICK zum Soave Spezial.

Übung 6.3 - Schreiben Sie die wichtigen Anbaugebiete und ihre Rebsorten in Venetien auf; die Antworten finden Sie in einer Tabelle auf weinwelten.

6.2.3 Weitere Weine im Westen des Veneto

Lugana ist ein Weißwein vom südlichen Ufer des Gardasees aus der Rebsorte Trebbiano, der vor allem in Süddeutschland sehr angesagt ist und den Pinot Grigio ersetzt hat. Das benachbarte Bianco di Custoza steht für Alltagsweißweine. Die Weine aus dem Weingebiet Colli Euganei und Colli Berici südlich von Vicenza erreichen dagegen den deutschen Markt kaum.

KLICK zum Artikel Wein in Venetien

Schlussbetrachtung Kapitel 5 und 6:
In Südtirol und dem Friaul finden Weinliebhaber die interessantesten (und langlebigsten) Weißweine Italiens. Sie sind in der Fülle und Bandbreite unvergleichbar. Etliche Spitzenwinzer sind hier zuhause.
Die Erfolgsgeschichte Pinot Grigio und Prosecco ist hier im Nordosten Italiens entstanden und nährt sich aus der wachsenden Weinbergsfläche.
Amarone ist der rote Leitwein der Region Venetien, sein Anbaugebiet bringt verschiedene Weinstile hervor, allen voran einen sehr erfolgreichen Ripasso Valpolicella. 
Venetien ist mengenmäßig eine der größten Weinregionen Italiens.