Wein aus Sardinien, das ist Vermentino und Cannonau

Ein Übersichtsartikel zum Weinland Sardinien von Herbert Heil

Für viele Weinfreunde ist Wein aus Sardinien noch immer ein Buch mit sieben Siegeln, für Eingeweihte dagegen zunehmend ein Grund zur Freude. Sie loben die Tropfen von der zweitgrößten Mittelmeerinsel (nach Sizilien) in den höchsten Tönen. Die sonnenverwöhnte Insel verfügt trotz der vielen Gebirge über eine Rebfläche von mehr als 43 000 Hektar.

So viel Wein wie in  Östereich

Zum Vergleich: Österreich liegt bei etwa 45 000 Hektar. Die ersten Rebflächen sollen schon im 9. Jahrhundert v. Chr. entstanden sein. Jedenfalls glauben das Wissenschaftler, die 1992 eine braune Substanz analysierten, die bei Ausgrabungen entdeckt wurde und sich als Wein entpuppte. Sardinien, das schon in der Antike immer neuen Herren diente und unter dem Einfluss von Karthagern, Römern, Byzantinern, Pisanern und Genuesern geriet, entwickelte ein vielfältiges Weinbauspektrum. Später gehörte die Insel zu Spanien (1516 bis 1713), zu Österreich und zum Hause Savoyen. Es heißt, dass der einzigartige Charakter der sardischen Weine auf diese wechselvolle Geschichte zurückgehe, weil jeder Eroberer seine eigenen Trauben mitgebracht habe. Doch erst seit wenigen Jahrzehnten produziert man hier Weine, die auch international Anerkennung finden.

Bewegte Weingeschichte

Bis in die 1970er Jahre diente der sardische Wein meist zum Verschneiden. In Behältern wurde er aufs Festland und ins Ausland verkauft, um Alkoholgehalt, Farbe und Aroma blasser Weine aufzupolieren. Heute keltern die Winzer Sardiniens außergewöhnlich gute Weine mit duftendem Macchia-Bukett und vollem Geschmack. Seit den 1980er Jahren wird die Erzeugung der Weine grundlegend differenziert, die Produktion von Flaschenweinen ausgebaut und der Aufbruch der sardischen Weinlandschaft zieht damit immer weitere Kreise.Geologisch gesehen ist Sardinien der älteste Teil Italiens und war einmal mit dem Festland verbunden.

Die Insel gliedert sich in die vier Provinzen Sassari im Nordwesten, Oristano im Westen, Cagliari im Süden und Nuoro im Osten. Der trockene heiße Süden bringt vollmundige Rotweine und gehaltvolle Süßweine hervor. Der kühlere Norden bietet beste Bedingungen für frische, aromatische Weißweine. Die meisten Weinbergeliegen in der leicht hügeligen bis flachen Campidano-Ebene zwischen der Hauptstadt Cagliari und Oristano sowie in der Gegend um Alghero. Die Böden sind meist wasserdurchlässig und nährstoffarm und bestehen aus einem Gemisch aus Sand- und Kalkstein sowie Lehm. Darunter befindet sich oft harter Granit. Wegen des meist starken Windes findet man auf Sardinien in aller Regel die flache Alberello-Erziehung (Rebstöcke in Buschform). In windgeschützten Lagen werden mehr und mehr Reben auch im Tendone-System (hochgezogenes Laubdach) angebaut.

Die Weinfarben in Sardinien

Zu zwei Dritteln werden Rotweine und zu einem Drittel Weißweine erzeugt, die meist alkoholreicher sind als im übrigen Italien. Zu den am meisten geschätzten Tropfen der Insel gehören der rote Cannonau (alkoholstark und kräftig) und der weiße Vermentino (leicht und frisch). Der Vermentino zählt zu den jüngsten Rebsorten die auf der Insel eingeführt wurden. Mit seiner Fruchtnote von reifem Apfel, Aromen von Mimosenblüten, ausgewogenem Säuregerüst und komplexem Abgang gilt er als der beste aller Weißweine. Auch er kommt ursprünglich, wie viele Reben, von der Iberischen Halbinsel.Viele Weine werden unter der Ursprungsbezeichnung D.O.C. (Denominazione di Origine Controllata) und dem Gütesiegel D.O.C.G (Denominazione di Origine Controllata e Garantita) vermarktet.

Auf Sardinien wird ein Großteil der Weine von Genossenschaften produziert. Zu den bekanntesten und experimentierfreudigsten gehört die Cantina de Santadi, die im Jahre 1960 gegründet wurde. Inzwischen ist die Zahl der Alleinvermarkter unter den Winzern allerdings stark gestiegen. Namen wie Argiolas, Su Entu, Giba, Sella & Mosca (gehört heute zur Campari-Gruppe), Pala, Capichera, Gabbas, Sedilesu oder Contini sind heute Aushängeschilder in Sachen Wein. Übrigens: Alternative Flaschenverschlüsse haben auf Sardinien kaum eine Chance. Denn frühere Generationen haben hier unzählige Korkeichen gepflanzt, die das Bild der Insel prägen. Wer würde da zu einem zwar praktischen, aber doch wesentlich weniger stilvollen Aluverschluss greifen? Das ploppende Geräusch, das Korken und Flasche beim Öffnen machen, gehört auf Sardinien zum Weingenuss zwingend dazu.

Zum Artikel über die Weine und Besonderheiten der Weinregion Sardinien