Bardolino, Chiaretto, Lugana, Gambellara, Colli Berici und Colli Euganei

In Venetien gibt es viel mehr als Prosecco, Soave und Amarone

Breganze, Colli Berici, Colli Euganei und Gambellara

Wenig Beachtung finden im Ausland die DOC Regionen Colli Berici, südlich von Vicenza, und Gambellara, wo mittelgroße Familien-Weingüter wie zb Cavazza seit Generationen zuhause sind. Wie Cavazza gibt es im Veneto abseits der bekannten Weinregionen etliche Weingüter, die zuverlässige und preiswerte Rebsortenweine erzeugen. Ihr Geschmacksbild ist so erfrischend anders als das der derzeit bevorzugten Weine aus Apulien oder Sizilien. Nur wenige können sich so in Szene setzen wie das Weingut Maculan das im Alleingang der DOC Breganze zu etwas mehr Außenwahrnehmung verholfen hat, oder Vignalta in den Colli Euganei. Die Zeit ist gekommen, diesen Teil des Veneto genauer zu betrachten, denn in den Colli Euganei westlich von Padua und den Colli Berici besitzen die Rotweine meist aus französischen Sorten ihren eigenständigen Charakter. Lesen Sie mehr über das Weingut Cavazza im Artikel (Zeitschriftenlayout) in der Kategorie Nahaufnahmen.

Schon mal von der Contessa Maria-Cristina Loredan-Rizzardi gehört? Oder vom Chiaretto? Zwei Namen, die sich all jene merken sollten, die immer schon – oder endlich wieder – das Thema Bardolino angehen wollen.  Noch mehr „weinige“ Details aus der Region zwischen Gardasee und Venedig gewünscht? Venetien besitzt einen superlangen Adriastrand, eine faszinierende Bergwelt rund um Cortina d’Ampezzo und das bezaubernde Venedig. Für die Deutschsprachigen ist jedoch der Gardasee der gefühlte Mittelpunkt der Region. Und hier wächst auch der Bardolino, ein Wein, der in Deutschland und in Italien in den letzten zehn Jahren ins Abseits geraten ist. Zu Recht, sagen die einen. Sie werfen den Kellereien vor, den großen Namen mit bescheidenen Qualitäten und niedrigen Preisen in den Staub getreten zu haben. Wieder andere führen ins Feld, dass dieser Wein einfach nicht der Nachfrage nach kräftigen, tieffarbenen Rotweinen entsprach.

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Bardolino ist ein leichter Rotwein

Wer auch immer Recht haben mag: Der Bardolino ist wieder da, zumindest im Bewusstsein der italienischen Weintrinker, die rund um den Gardasee, in Mailand und Venedig zuhause sind. Zahlreich besuchen sie die Verkostungen und Weinfeste, die das Konsortium in Bardolino veranstaltet. Der Ort Bardolino stand Pate für den Namen des Anbaugebietes, das sich an den sanften Hängen rund um den Ort und die Nachbargemeinden Lazise und Garda erstreckt. Die Weine aus dieser Gegend tragen die Bezeichnung Classico, die auf dem Etikett stehen kann, aber nicht muss. Vor der Einführung der DOC im Jahre 1968 kamen zum Bardolino-Gebiet einige weitere Orte in der östlichen und südlichen Umgebung des Gardasees hinzu. Nun darf in Peschiera del Garda und auch in Valeggio sul Mincio Bardolino erzeugt werden, aber ohne den Zusatz Classico. Die verwendeten Rebsorten sind überall gleich, nämlich etwas Rondinella mit dem Hauptteil Corvina bzw. Corvinone. Molinara wird seltener eingesetzt. In kleineren Anteilen dürfen beim Bardolino auch Sangiovese oder Barbera eingesetzt werden. Bei aller Trinkfreude, die der Bardolino bietet: Es gibt auch facettenreiche und kräftige Rotweine vom See mit Tiefgang und dennoch der typischen Fruchtigkeit der hier verwendeten Rebsorten. Dafür stehen Villa Calicantus oder Giovanna Tantini. Die Entwicklung, dass die Winzer die kräftigen Valpolicella Ripasso-Weine aus der Nachbarschaft kopierten, ist glücklicherweise gestoppt. Man setzt auf den einzigartigen Seeweincharakter, der in der Leichtigkeit und Finesse liegt.

Top 10 Weintipps Bardolino - Die besten Weingüter

LE VIGNE DI SAN PIETRO - EMPFEHLUNG 2024
Carlo Nerozzi erzeugt feine Bardolino und Chiaretto Weine in der Nähe von Sommacampagna unweit des Sees, die zur Top 10 zählen. Sie sind lagerungsfähig und ausgewogen.

LE FRAGHE - EMPFEHLUNG 2023 
Von der klugen Matilde Poggi geführt, mit bemerkenswert guen Bardolino-Weinen aus dem Hinterland des Gardasees, für viele Kritiker die Nummer 1 im Gebiet. Naturnaher Rotwein!

ALBINO PIONA - EMPFEHLUNG 2022
Die Familie Piona erzeugt eine breite Palette von Weinen im Gardaseeraum, der Bardolino ist strukturiert und alterungsfähig. Die Weinkellerei ist im Custoza-Anbaugebiet zuhause.

LE TENDE - EMPFEHLUNG 2021
Das kleine Weingut aus Lazise von Mauro Fortuna und seiner Partnerin ist Jahr für Jahr unter den Besten des Anbaugebietes.

GIOVANNA TANTINI - EMPFEHLUNG 2020
Giovanna Tantini ist energisch und rastlos, doch ihren Weinen gönnt sie die Ruhe: Sie verkauft sie erst im Folgejahr und steht damit ziemlich alleine da im Gebiet. Sehr gerbstoffbetonte Weine.

CAVALCHINA- EMPFEHLUNG 2019
Luciano und Franco Piona aus dem Custoza-Anbaugebiet führen eine der etablierten Kellereien, die neben dem guten Bardolino auch Amarone und verschiedene Weißweine erzeugt.

GUERRIERI_RIZZARDI - Alberto Guerreri-Rizzardi Anwesen liegt direkt am Gardasee, ein Weingut mit langer Tradition. Schauen sie dort vorbei und atmen Sie italienische Wein- und Kulturgeschichte, ein Ort, der wie der See etwas Beruhigendes hat. Top 10

VIGNETI VILLABELLA - Franco Cristoforetti besitzt ein wunderschönes Anwesen im Hinterland des Gardasees und erzeugt herrlich saftige Weine für die ganze Welt 
... recht schöner Bardolino und guter Rosso Veronese Villa Cordevigo, die Villa ist ein antikes, schloßartiges Anwesen und beherbergt ein top-restauriertes 5-Sterne-Hotel - Top 10.

VILLA CALICANTUS - Dicht und konzentriert ist hier der Bardolino, ungewöhnlich, aber durchaus reizvoll in der Tanninstruktur und Aromatik. Biodynamischer Bardolino mit Potenzial. Top 10

MONTE SALINE - Champagner-Tipp - Andrea und sein Vater führen DAS Weingut, das im Hinterland des Gardasees aus der Sorte Corvina rassige Sekte erzeugt, die mit 30-36 Monaten Hefekontakt wie Champagner schmecken.

Chiaretto ist die Rosé-Version des Bardolino

Ein Bardolino ist ein Wein vom See, ein Wein für den lauen Sommerabend, der durch seine Fruchtigkeit überzeugt, selten durch seinen kräftigen Gerbstoff. Und damit liegt er voll im Trend der süffigen Weine. Die Krone für unbeschwerte Trinkfreude gebührt ganz sicher dem Chiaretto, der Rosé-Version des Bardolino. Dieser Wein ist eine kleine Erfolgsgeschichte. Seit wenigen Jahren haben die Verantwortlichen die Rose-Revolution ausgerufen. Sie wollen den Chiaretto Bardolino zum erfolgreichsten Rose Italiens machen, der mit seinem modernen Geschmack die Weintrinker anspricht. Der Absatz wächst und das Umdenken ist auch an der Farbe zu erkennen, mehr und mehr Weine verlassen das kräftige Rubinrot und entscheiden sich für einen weniger farbintensiven Stil, der für mehr Mineralität und weniger Fruchtaromen steht. Somit eignen sich die Weine als Essensbegleiter und der Winzerverband tourt zb durch die ausgezeichneten Pizzerien Italiens, um den Italienern den Chiaretto als Pizza-Wein näher zu bringen. Probieren Sie es aus!

Alternativen in Weiß - Lugana und Bianco di Custoza

Zwei Weißweingebiete liegen in der Nachbarschaft der Bardolino-Zone. Der Erfolgreiche ist der Wein aus dem kleinen Gebiet des Lugana am südlichen Ufer des Gardasees bei Sirmione. Die Weinberge liegen teils im Veneto und ein größerer Teil in der Lombardei, deshalb verlieren wir mehr Worte zum Lugana Weißwein im Kapitel Wein in der Lombardei. Der Lugana hat in München und Bayern die Erfolgsgeschichte der letzten 10 Jahre geschrieben und dem Pinot Grigio in vielen Bars den Rang abgelaufen. Solchen Erfolg wünschen sich die Winzer auch für den zweiten Weißen, den Bianco di Custoza. Eine große Genossenschaft und einige Weinkellereien arbeiten daran, doch zu mehr als dem Stempfel "fruchtige, leichte Weißweine in Seenähe" scheint sich das Ganze nicht entwickeln zu können. Führende Kellerei des Gebietes ist seit einigen Jahren das Weingut Gorgo der gescheiten wie sympatischen Roberta Bricolo.

Prosecco (Glera) gibt es nun auch im westlichen Veneto und im Friaul

Und dann gibt es noch eine neue gesetzliche Regelung. Die besagt, dass der Prosecco nun auch im Friaul angebaut werden darf, weil die Rebsorte ursprünglich aus dem Ort Prosecco unweit von Triest stammt. Da sie jetzt ein Gebietsname ist, darf die Rebsorte nicht mehr Prosecco heißen, sondern wird Glera genannt. Das Anbaugebiet für diesen Frizzante bzw. Spumante ist nun riesig groß. Doch war es auch vorher schon sehr groß, und wer das Herz des Sekts oder Perlweins sucht, der findet es im historischen Gebiet Conegliano-Valdobbiadene (siehe "Die Top 25-Die besten Weine"). Eine einzigartige Erfolgsstory mit ihrem DOC-Prosecco schreibt das Unternehmen Bottega SPA von Sandro Bottega und seinen Geschwistern. Sie sind mit dem Prosecco in der goldenenen Flasche im Dutyfree und auf Kreuzfahrtschiffen erfolgreich, ihr Produkt schlägt beim Luxusfaktor mit ca. 20 € pro Flasche viele der traditionellen DOCG-Produkte um Längen. Ihre Rotweine beziehen die erfolgreichen Prosecco-Vermarkter in der Regel aus dem angrenzenden und sehr weitläufigen Piave-Gebiet im Hinterland von Venedig. Entlang des superbreiten Kieselsteingebirgsflussdeltas des Piave entstehen herbe Rotweine und leichte Weißweine, die selten die Faszination eines großen Rotweins oder die Leichtigkeit eines Bardolino versprühen.

Das Hinterland von Venedig ist Proseccoland. Demgegenüber können die vielen Stilweine der DOC Piave getrost vernachlässigt werden, denn der Erfolg des Prosecco sucht seinesgleichen. In den Neunzigern begann der Aufstieg des „frizzante“, der vor allem Deutschland im Sturm eroberte. Es gibt ihn vom einfachen Discounterartikel bis hin zum hippen Markenprodukt, das in der Szenegastronomie auch schon mal neben dem Champagner stehen darf. Und dieser Erfolg führte zu einer riesigen Ausweitung des Anbaugebietes und der sinnvollen Unterscheidung von Prosecco Superiore DOCG und Prosecco DOC
Glera ist die Hauptrebsorte, aus der der Prosecco erzeugt wird. Im Charmat-Verfahren, wie beim Lambrusco, werden die Perlen in einem großen Tank - durch eine zweite Gärung des Grundweines durch die Zugabe von Zucker – erzeugt und unter Druck abgefüllt. Je nachdem wie viel Druck entsteht, ist das Produkt dann ein frizzante (ca. 3 bar) oder Spumante (>4 bar). Die Perlen gibt es in den Versionen Brut, Extra Dry und Dry, letztere ist bereits von deutlich spürbarer Süße geprägt. Einige, wenige Winzer experimentieren seit wenigen Jahren auch mit Methode "rifermentato in bottiglia" (mit Hefe in der Flasche) und Dosaggio Zero (ohne Restzucker) der Sorte Glera.

Ebenso wichtig wie die Herstellung ist die Unterscheidung der Anbaugebiete. Vergleichbar mit dem Chianti gibt es ein hügeliges Herzstück zwischen Conegliano und Valdobbiadene, wo die Sorte Glera an steilen Weinbergshängen in einem landschaftlich sehr schönen Umfeld angebaut wird. Hier ist die Faszination Prosecco entstanden, hier sind die besten Winzer zuhause. Neben dem großen Haus Villa Sandi sind Bortolomiol, Adami oder Nino Franco herausragende Erzeuger. Das Preisnivau vom Superiore liegt zwischen 8 und 15 € EVP, die mengenmäßig deutlich größere DOC-Ware ist in der Regel zwischen 3 und 8 € EVP angesiedelt. Es gibt ca. 7.200 ha Superiore und eine stark wachsende Anbaufläche des DOC Prosecco, aktuell sind es bereits mehr als 25.000 ha.

Pinot Grigio DOC Delle Venezie: Der mengenmäßig und in seiner Popularität vergleichbare Wein zum Prosecco ist der Pinot Grigio. Die Kellereien beziehen die großen Mengen in der Regel in ganz Nordostitalien, dem Trentino, Veneto und dem westlichen Friaul. Dieser wurde bis vor einigen Jahren als Pinot Grigio als IGP-Wein del Veneto oder delle Tre Venezie abgefüllt. Mit der Aufwertung zur DOC Pinot Grigio delle Venezie sollte der Markt besser reguliert werden können, aktuell spricht man von 270 Mill. Flaschen und fast 30.000 ha Rebfläche. Die erlaubten Erntemengen sind bei der IGP höher als bei den DOP-Weinen. Qualitativ top ist der DOC Pinot Grigio aus Südtirol oder dem Friaul.

Weingüter-Tipps Lugana: Der Weißwein wird im Artikel Weine in der Lombardei behandelt, da er in dieser Region hauptsächlich angebaut wird.