Donnafugatas Ben Rye - Der Heldenwein

In Sizilien, auf der Insel Pantelleria ist er zuhause, der kultige Süßwein

Unter den italienischen Süßweinen nimmt der Ben Rye von Donnafugata Jahr für Jahr einen der vordersten Plätze ein. Der bernsteinfarbene Wein aus angetrockneten Muskatellertrauben, gewachsen auf dem Inselchen Pantelleria, ist kraftvoll und süß, fruchtig-frisch und komplex. Bei aller Fülle wirkt er immer auch leichtfüßig, die Strapazen, unter denen die Trauben wachsen, lässt er sich nicht anmerken. 

Pantelleria - Pflanzen im Kriechmodus 

Pantelleria mit seiner rauhen zerklüfteten Küste, ist ein seltsames Fleckchen Erde. Außerhalb der Ort zeigt die Landschaft kaum Spuren der Gegenwart. Nicht anders könnte es auch vor hundert oder mehr Jahren ausgesehen haben. Staubiger Boden, steinerne Terrassen, niedrige Gewächse, vereinzelte weiße, Dammusi genannte Häuser – nur ein Fiat Panda kündet hier und da von der Jetztzeit. Um Früchte zu tragen, müssen Pflanzen in den Kriechmodus schalten. Mit drei landwirtschaftlichen Erzeugnissen kann die zu Sizilien gehörende Insel punkten: Kapern, Olivenöl und Wein. Die Kapernpflanzen liegen wie grüne Kalmare, die ihre Tentakel weit ausstrecken, auf der dürren Erde. Olivenbäume verkrüppelt man mutwillig, zieht ihnen in ihrer Jugend die Äste gewaltsam nach unten – ja nicht in die Höhe wachsen, ist hier die Devise. Und die Reben? Moderne Reberziehung an Drähten gibt es hier nicht. Der Wind! Stünden die Ölbäume aufrecht, wüchsen die Reben in die Höhe, würde der Wind die Blüten davonfegen und es gäbe im Herbst keine einzige Olive, keine einzige Weinbeere. 

Den raren Obstbäumen baut man Festungen, zieht Mauern um sie herum, die die zarten Blüten davor bewahren, fortgeweht zu werden. Giardino pantesco, „Pantelleria-Garten“, heißt so ein Schutzbau. Auch Donnfugata unterhält solche gardini panteschi. Wir besichtigen einen riesigen alten Orangenbaum, der von mehrere Meter hohen Trockenmauern ungeben ist. Viele hundert Orangen hängen pflückreif an dem Baum. In der Vergangenheit, als noch nicht täglich Schiffe und Flugzeuge kamen, um die Insulaner vom Festland aus zu versorgen, waren solche geschützten Bäume unentbehrliche Vitaminlieferanten. Heute sind sie ein eindrucksvolles Zeugnis für den Überlebenswillen der Insulaner – rund 7000 Panteschi leben auf der Insel – und den Aufwand, den man in dieses Überleben zu investieren hatte. 

Der Name der Traube: Zibibbo

Näher an Tunesien als an Sizilien liegt das erstaunliche Eiland, Araber bevölkerten es in vergangenen Jahrhunderten, der arabische Name des Süßweins – Ben Rye heißt „Sohn des Windes“ – ist eine Reminiszenz daran. Die Traube – offizieller Rebsortenname: Muscat d’Alexandrie, italienisch Moscato di Alessandria – wird hier Zibibbo genannt. Das Wort Zibebe war früher auch in Süddeutschland und Österreich ein Synonym für Rosinen; Friedrich II hat die Bezeichnung in den deutschsprachigen Raum importiert. Zibibbo ist die perfekte Tafeltraube: dünnhäutig, großbeerig, mit relativ wenigen Kernen – und überwältigendem Aroma. Als Tafeltrauben werden sie auch bei uns angeboten, ihr Marktanteil nimmt aber kontinuierlich ab. Die Kernlosen graben ihnen das Wasser ab, bequem ist heutzutage wichtiger als aromatisch. 

Die uralten knorrigen Weinstöcke sind übrigens wurzelecht – der Reblaus war es auf Pantelleria offenbar zu unwirtlich. Zeigt sich ein Unterschied zu den später gepflanzten gepfropften Reben? Ja, sagt José Rallo, die mit ihrem Bruder Antonio das Weingut führt, vor allem in den weniger guten Jahren wird ein Unterschied spürbar, da sind die alten Reben aromatischer als die neueren. Ganz klein, mit gerade mal zweieinhalb Hektar, hat Donnafugata auf Pantelleria angefangen, hat nach und nach zugekauft, brachliegende Weinberge übernommen, 68 Hektar sind es inzwischen. von insgesamt 400 auf der ganzen Insel. 40 Kilometer Trockenmauern winden sich um die Rebflächen und schützen die Terrassen vor Erosion – ein uraltes mühsames Handwerk, das sogar Aufnahme ins immaterielle Weltkulturerbe gefunden hat – und sind eine sinnvolle Verwendung für die Steine, von denen der karge Boden überreichlich zu bieten hat. Ein Teil der prallen gelben reifen Beeren wird zu dem trockenen Lighea verarbeitet, ein intensiv duftender, hinreißender Aperitif-Wein. Ein weiterer zu Kabir, einem in Edelstahl ausgebauten Moscato mit 11,5% Alkohol, gut 100 Gramm Restzucker und betörendem Duft nach Orangenblüten und -schalen. 

Ben Rye - Sohn des Windes 

Die Trauben, die für den Ben Rye bestimmt sind, müssen sich noch einer zwei- bis dreiwöchigen Prozedur unterziehen. Sehr sorgfältig werden sie verlesen und auf flachen hölzernen Gestellen im Freien gelagert. Ein Dach schützt vor den seltenen Regenschauern; die Seiten sind frei, damit der Wind, diesmal erwünscht, die Beeren trockenpustet. Wenn sie schließlich ein Stück weit geschrumpft, aber noch weich sind – in etwa so, wie handelsübliche „soft dried“-Früchte, kommen sie in die Presse. Schon der Most, der aus ihnen herausfließt und den wir probieren dürfen, ist eine süße Köstlichkeit, die sich im Keller in den kraftvollen aprikosenduftenden Süßwein verwandelt, der mehr als 14% Alkohol stark und 200 Gramm Restzucker schwer ist. Ein Hochgenuss zu süßen Desserts ebenso wie zu Käse. Aber eigentlich ist ein Gläschen Ben Rye ganz allein schon ein eigenständiges, ganz wunderbares Dessert. Bleibt noch zu sagen, dass die Unesco nicht nur den Bau von Trockenmauern ins Welterbe aufgenommen hat. Der Weinbau auf Pantelleria, einem der schwierigsten Terroirs überhaupt, ist für die Organisation, als „heroisches Beispiel des Weinbaus“, ebenfalls Weltkulturerbe. Ein Hoch auf die Helden, salute! 

Zum Kurzvideo auf Instagram der Autorin Rozsika Farkas, wie sie ihren Lieblingswein im Münchner Winter verkostet...

Für den Winter und auch alle anderen Jahreszeiten empfiehlt Rozsika Ihnen einen Top-Rotwein von Donnafugata, den Nero d'Avola Mille e una notte. Alles Wissenswerte und mehr Infos zum Wein und dem Weingut Donnafugata finden Sie auf der Weinguts-Webseite, auch in deutscher Sprache.