Ornellaia Bianco in München - Ein exklusives Abendessen für 8 Personen
Eine Vertikale von 2013 bis 2018! Rozsika Farkas war für Weinwelten dabei
Axel Heinz, Weingutsdirektor von Ornellaia, präsentierte sieben Jahrgänge des Ornellaia bianco – und gab damit einen spannenden Einblick in seine Suche nach dem vollkommenen Weißwein.
1200 Kilometer trennen Bolgheri von Bordeaux – und doch ist das toskanische Städtchen in der Art seiner Weine der französischen Weinkapitale viel näher als den quasi in der Nachbarschaft gelegenen Weinpilgerstätten Montalcino oder Scansano. Denn nicht die Toskana-Rebe Sangiovese dominiert hier den Weinbau. Zu Ruhm gelangte das küstennahe Bolgheri vielmehr durch die roten Bordeaux-Sorten.
Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot sind die Zutaten, aus denen der Ornellaia, einer der besten Rotweine Italiens, zusammengesetzt ist; zur Vollkommenheit geführt unter der Leitung des aus München stammenden langjährigen Weingutsdirektors Axel Heinz. Mit dem Masseto, einem reinsortigen Merlot, gewachsen auf einem kleinen Filetstück des Anwesens, das seit 2005 der traditionsreichen Weinfamilie Frescobaldi gehört, hatte Ornellaia noch einen draufgesetzt und damit das ebenbürtige Gegenstück zur Bordeaux-Legende Pétrus geschaffen. Allerdings ist der kleine Weinberg, der den monumentalen Wein hervorbringt, seit 2019 als Tenuta Masseto ein eigenes Weingut.
Gesucht: Ein großer Weißwein
Was noch fehlte, war ein Weißwein von gleichem Kaliber. Toskanatypisch für Weiß wären die Rebsorten Vermentino sowie Vernaccia di San Gimignano. Vermentino, frisch und mineralisch, bringt schöne Ergebnisse, wie der Vermentino Bolgheri von Antinori beweist.
Ornellaia war mit seinem Poggio alle Gazze auf Sauvignon-blanc-Basis dagegen immer schon eher auf der französischen Seite. Denn der Sauvignon, allerdings nicht reinsortig, sondern im Verbund mit Sémillon, bildet in der Appellation Graves im Bordelais die Grundlage für einige der großartigsten Weißweine der Welt.
Könnte es Axel Heinz gelingen, in Bolgheri, dieser Bordeaux-Exklave, für Ornellaia einen wirklich großen Weißwein zu kreieren? Der in der Zusammensetzung nicht identisch ist mit den Graves-Weinen? Womöglich mit einem Anteil Vermentino, um den Wein mehr mediterranen Schliff zu geben? Immerhin enthält der Poggio alle Gazze je nach Jahrgang einen stattlichen Anteil der Toskana-Traube, beim 2020er beispielsweise 22 Prozent.
Versuch macht klug, also machte sich der Weingutsdirektor ans Experiment. Die im Schwabinger Werneckhof vorgestellte Vertikale gab einen faszinierenden Einblick in die Annäherung eines großen Önologen an die Konzeption eines großen Weins.
Den Anfang machte der Ornellaia bianco aus dem Jahr 2013, bestehend aus 70 Prozent Sauvignon und 30 Prozent Viognier, mit dem Ornellaia gleich einen Volltreffer gelandet hat. Der in kleinen Holzfässern vergorene Wein, der ein volles Jahr auf der Hefe lag, bezauberte mit Feingliedrigkeit und Cremigkeit und zarten Anklängen von Tropenfrucht.
Mit dem Viognier an sich hat Axel Heinz aber auch so seine Probleme. Sie ist ihm zufolge „eine mürrische, unzuverlässige Rebsorte.“ Seine Konsequenz: „Also habe ich mich dem Schicksal ergeben und doch Sémillion gepflanzt. Vielleicht sollte man ja akzeptieren, dass, was bei Rot funktioniert, auch bei Weiß passt.“ Noch allerdings ist keine klassische Bordeaux-Cuvée als Ornellaia bianco auf dem Markt, schließlich müssen die Reben erst ausreichend wachsen.
Vertikale 2013 - 2018 des Ornellaia Bianco
Im Folgejahr wurde einer italienischen Sorte die Ehre zuteil, im Ornellaia bianco mitzuspielen: Neben Sauvignon blanc, Viognier, Petit Manseng kam auch Verdicchio zum Einsatz – allerdings nur dieses eine Mal. Danach war es immer Sauvignon blanc, entweder reinsortig oder mit einen Anteil Viognier – mal 9, mal 19 Prozent.
Die Idee des italienisch-mediterranen großen Weißweins hat sich nicht verwirklichen lassen, „Vermentino und Verdicchio passen einfach nicht in unsere Cuvée rein.“ Aber: Axel Heiz hat seinen Frieden damit gemacht. „Ich kann heute leichten Herzens Sémillon anbauen, weil ich das andere ausprobiert habe.“
Jeder einzelne der vorgestellten Weine, vom cremig-feinen 2013er bis zum spannungsreichen, nach herben Kräutern duftenden 2019er, erwies sich bei der Verkostung als grandios: mit salziger Mineralik, lebendiger Säure, Frische, Schmelz und Finesse zugleich. Eher von Kräutern und feinen Würznoten als von Frucht geprägt. Immer zusammengehalten von einer inneren Kraft, die aber nie laut und auftrumpfend daherkommt.
Der Ornellaia bianco aus Sauvignon und Sémillon, wie gesagt, ist noch nicht zu probieren. Aber auch so kann man Axel Heinz schon dazu gratulieren, mit dem Ornellaia bianco einen der besten, wenn nicht den besten Weißwein Italiens geschaffen zu haben. Oder sagen wir: einen großen europäischen Wein: gewachsen in Italien aus französischen Rebsorten, zusammengefügt von einem aus Deutschland stammenden Önologen.
Foto unten: Das Niveaus des Essens sollte mit der Klasse des Weines mithalten können...