Rebsorten und Geschichte(n)

von Sommeliers und Journalisten in den Hügeln des Prosecco Superiore

Foto oben: Die Reben an den steilen Hügeln im Cartizze-Gebiet stehen in voller Blüte und duften lieblich.

Conegliano Valdobbiadene Prosecco Superiore wird aus der Rebsorte Glera hergestellt. Zugegebenermaßen hieß diese weiße Rebsorte bis vor wenigen Jahren noch Prosecco. Verwirrend nur auf den ersten Blick, denn dieser Begriff Prosecco wird nun für das Anbaugebiet verwendet. Warum? Es existiert ein Ort im Friaul, der Prosecco heißt, wodurch die von den Winzern gewünschte Änderung möglich wurde. Denn sie konnten somit verhindern, dass der Sekt Prosecco in anderen Ländern angebaut und so bezeichnet werden darf, die EU-Weingesetzgebung macht es möglich. Es wurden also keine Trauben ausgetauscht, sondern lediglich ein regional gebrauchtes Synonym, Glera, für die Rebsorte verwendet.

Erlaubte Rebsorten 

Die Winzer setzen fast ausschließlich auf diese Sorte, auch wenn in der Vorschrift steht, dass sie max. 15% andere Sorten verwenden können. Bei der Ausgestaltung des hiesigen Weinbaus hat die heute noch bestehende erste Weinbau-Schule Italiens in Conegliano eine zentrale Rolle gespielt: Es wurde untersucht, welche Anbauformen am besten für den lokalen Weinbau geeignet sind. Und die Großväter der heutigen Winzer von Conegliano und Valdobbiadene gaben ihre Erfahrungen mit dem Anbau und der Versektung der eingesetzten Rebsorten weiter. Über Jahrzehnte überzogen sie die steilen Hänge mit von Hand aufgezogenen Reben und feilten am Vinifikationsprozess, der durch die Drucktanks aus Stahl in den Sechziger Jahren revolutioniert wurde, um die Aromen, die Eleganz, Frische und Lebendigkeit noch mehr zu betonen.

Man könnte meinen, dass der Weinbau bei einem Produkt, das zum Sekt weiterverarbeitet wird, weniger ausschlaggebend ist, doch das ist eine Fehleinschätzung. Die Nuancen der Trauben verschiedener Lagen sind auch nach der Versektung und trotz vorhandener Kohlensäure schmeckbar. Nicht anders als in der berühmten Champagne, wo selbst nach einem mehrjährigen Hefelager deutlich erkennbar ist, ob Chardonnay oder Pinot Noir zugrunde liegt oder ob der Champagner von der Cote de Blanc oder den Montagne de Reims stammt.

Glera-Charakter

Glera ist mit diesen noblen Sorten nicht vergleichbar, doch hat sie in den Hügeln ihren einzigartigen, weltweit beliebten Ausdruck gefunden. Die Rebe ist rustikal und kraftvoll im Wuchs, sie bildet dickes Rebholz aus. Die Trauben sind vergleichsweise groß und besitzen recht dicke Beeren. Übrigens geht der erste schriftliche Hinweis auf ihr Vorhandensein bis ins Jahr 1772 zurück: Im 8. Band des Giornale d’Italia schrieb der Akademiker Francesco Maria Malvolti bereits über die Qualität der lokalen Rebsorten. Glera verleiht dem Wein von Conegliano-Valdobbiadene die Basis, in kleineren Anteilen nutzen manche Winzer Verdiso, Perera und Bianchetta, die lange schon hier heimisch sind und für Struktur und eigenständige Aromen geschätzt werden, erlaubt sind übrigens auch die französischen Burgundersorten Pinot Bianco, Grigio, Noir und Chardonnay. Erfahrene Winzer schätzen Verdiso für ihre Säure und Würze und die Sorte 
Perera für ihr Aroma. Man ist sich nicht ganz einig, ob der Name („Pera“ heißt Birne im Italienischen) auf die Form der Weintraube oder auf den Geschmack zurückgeht. Bianchetta reift recht früh und hilft in kühleren Jahren beim Aromenspiel.    

UNSER TIPP: Es gibt auf der Konsortiumswebseite eine übersichtlich und modern aufgearbeitete Zeitachse, an der sie die Meilensteine und geschichtlich relevanten Zahlen in der Geschichte des Anbaugebietes nachvollziehen können: www.prosecco.it/de/gebiet/die-geschichte

Foto unten links: Gruppenfoto mit Winzer im Garten von Biancavigna in der Nähe von Conegliano
Foto unten rechts: Gruppenfoto mit Winzer im Hof des Weingutes La Farra in Farra di Soligo