Blauburgunder Tage Südtirol in Neumarkt

Es gibt im Jahr 2022 einen Haufen sehr guter Pinot Noirs/Blauburgunder in Südtirol

Foto ganz oben: Meine persönliche Auswahl der besten Blauburgunder in der Verkostung
Foto oben: Besuch bei Michaela Carlotto in Auer - Pinot in Kleinstmengen und vorzüglicher Güte, weil stilistisch eigenständig!

Begeisternd, informativ, aufschlussreich – das waren die Blauburgundertage in Südtirol im Mai 2022. Ein Genuss für alle Sinne - eigentlich wie immer in Südtirol. Der junge, dynamische Mastersommelier Andre S. erklärte uns sehr überzeugend - eingangs und umfänglich - den Pinot Noir in Italien: Es gibt ihn nicht nur in Südtirol, sondern auch in Mugello auf 500 m, das ist in der Toskana, und am Etna auf 700 m in Sizilien. Mengenmäßig viel gibt es dagegen im Oltrepò Pavese in der Lombardei und im benachbarten Trentino. Doch die Dichte an sehr gutem Pinot Noir ist in Italien nur in einer Region hoch: Südtirol! Die Hügelgebiete des Friaul, die beim Sauvigon blanc bzw. Chardonnay ansonsten eine echte Konkurrenz darstellen, sind wohl kein Pinot Noir-Land. Oder haben dies die Winzer etwa verschlafen, so wie den Trend zu hochwertigen 100 €-Weinen?

Mazzon oder Mazon - Terroir für Pinot Noir

Der Pinot Noir bzw. Blauburgunder in Südtirol hat seine Wiege in Mazon. Auf diesem Hochplateau haben Pioniere wie Hofstätter mit Barthenau, Gottardi, Franz Haas oder Carlotto ihn in Südtirol salonfähig gemacht. Ich gebe zu, dass ich bis vor 10 Jahren ein Südtiroler Blauburgunder-Skeptiker gewesen bin. Heute fasziniert mich diese Rebsorte in seinen unterschiedlichen Terroir-Ausprägungen. Der warme Typ aus Mazon, wo rund 15 Winzer ca. 60 ha bewirtschaften, schmeckt anders als der frische Blauburgunder aus der weitläufigen, kühleren Zone Glen. Das hochgelegene Aldein (und auch Buchholz) beginnt erst sich mit fruchtbetonten Weinen auszuzeichnen und mit der Unterzone Ronchi in Girlan oder die Mendelzone um Eppan Berg sind weitere Pinot Noir-Typen auszumachen.
Vom PN in Südtirol gibt es heute rund 500 ha - 350 ha waren es noch vor 10 Jahren – und die Rebsorte liegt voll im Trend. So hat die Kellerei Girlan in 15 Jahren die Fläche von 20 auf 40 ha Pinot erweitert. Im zunehmenden Alter der Reben steckt noch etliches Potenzial, und das über die gesamte Qualitätsbreite.

Das Potenzial in Südtirol liegt auch im stabilen Klima, das favorisiert den Pinot. So könne man in den kühleren Zonen eine sehr gute Qualität mit rund 5000 kg/ha ernten. Im Jahr 2018 habe alles gepasst, für Weißwein wie für Rotwein und auch die Menge war gut. 2019 hat auch fast alles gepasst, einzig die spätreifenden Rebsorten litten etwas unter dem kühleren Jahresverlauf. Auf die Jahrgangsunterschiede einzugehen ist wichtig: Einzig 2015 und 2018 waren warme Jahre, ansonsten dominieren die kühleren Jahre. 

Alle profitieren vom Wettbewerb, ein Qualitätsmesser und Antrieb für alle 

Beim Blauburgunder-Wettbewerb, den Peter Dipoli sehr viele Jahre mit großer Leidenschaft und vollem Einsatz organisierte, durften die Kellereien und Weingüter einen Rotwein des Jahrgangs 2019 einreichen. Auch deshalb fehlten einige Topweine, denn meistens stellten die Kellermeister ihre Riserva-Qualität auf den Prüfstand. Mittlerweile hat sich das Orgateam deutlich verjüngt. Ines Giovanett von der Kellerei Castelfeder und Marc Pfitscher von der Kellerei Girlan sind ebenso engagiert und im Dienste aller für die gute Sache unterwegs, nämlich dem Blauburgunder aus Italien eine Bühne zu geben und seine Wertigkeit zu demonstrieren. "blauburgunder.it" ist die Infoseite mit den Siegerlisten der Wettbewerbe. 

Ein paar Worte seien zur Preisgestaltung angemerkt. In Südtirol gibt es nur 10 Pinots, die mehr als 50 € kosten! In Graubünden oder an der Ahr kosten die Spitzenweine leicht mehr als 60 € pro Flasche. Aus meiner Sicht hat Südtirol mit den Riserva-Weinen für 25-30 € eine Trumpfkarte im Ärmel, die es ausspielen kann und wird. Auch soagr darunter ist Musik drin: Bei der Kellerei Girlan läuft beispielsweise der Einstiegs-Pinot Noir Patricia in allen Absatzmärkten wie geschnitten Brot, und das zu einem Preis von 15 € EVP. Der Topwein Vigna Ganger wird zumeist in der Region getrunken. Dafür sorgen schon die zahlreichen, gehobenen Restaurants des Touristen-Mekkas Südtirol, in denen auch die Riserva Trattmann gleichermaßen eine hohe Bekanntschaft wie Umsatz besitzt.

Lagenweine sind im Kommen

Vorbildlich ist auch Castelfeder im Unterland aufgestellt, wenn es um Pinot Noir geht. Die Riserva Borgum Novum feierte unlängst ihren 30. Geburtstag, und seit einigen Jahre gibt es bereits drei Lagen Pinot Noir im Sortiment. „Wir müssen uns nicht mehr mit dem Burgund vergleichen, denn wenn die MGA da sind (Gesetzgebung für die Nennung der Unterzonen auf dem Etikett), dann trinken die Weinliebhaber nicht mehr Pinot Noir, sondern Glen, Mazzon, Buchholz, Girlan oder Eppan Berg“, sagt Ines Giovanett von Castelfeder, die mit ihrem Bruder Ivan zusammen der Turbolader bei Castelfeder ist.

Pinot Noir ist auch eine Erfahrungssache im Keller, verlangt viel Fingerspitzengefühl und auch moderne Technik. Die engagierten Kellermeister tüfteln Jahr für Jahr am besten System und tauschen sich aus. Auch deshalb sind die Fortschritte in den letzten 10 Jahren so spürbar beim Thema Pinot Noir. Manch einer nutzt gar einen Anteil von holzigen Traubenstielen, wenn die Trauben aus wärmeren Zonen stammen bzw. von tief gründigen Lehm- bzw. Kalkböden.

Für mich hat die Verkostung fast aller angestellten Weine noch folgenden Rückschluss ermöglicht: Es macht einen Unterschied, ob der Winzer 1.200 Flaschen oder 40.000 Flaschen erzeugt. Auch ist es von Bedeutung, ob der Wein 4,6 g Säure hat oder 6,1 g Säure mitbringt, ob er 13,5 Vol% oder 14,5 Vol% Alkohol besitzt. Die meisten Weine kommen übrigens mit 13,5 bzw. 14 Vol% Alkohol daher.

Und es macht ebenso einen Unterschied, wer die Weine verkostet. Die Südtiroler haben ihre Stilistik, und in der Blindprobe der Jury bestehen diese Weine eher den Geschmackstest als die Weine aus der Toskana oder dem Oltrepo. Zudem ist der 2019er ein eher verschlossener Jahrgang, der Zeit im Glas braucht und Potenzial besitzt. Die Weine sind filigraner und leichtfüßiger als es die 2018er im letzten Jahr waren. Jeder kann für sich entscheiden, ob ihm der 2018er oder der 2019er als Jahrgang besser gefällt. Wenn Sie Glück haben - falls möglich bei der hohen Nachfrage nach diesen Rotweinen derzeit und in Südtirol im Allgemeinen - sichern Sie sich beide Jahrgänge!

Die Besten der Besten Blauburgunder bzw. Pinot

Meine Hitliste folgt auf dem Fuß, ebenso wie die Liste der Gewinner des 2019er und des 2018er Wettbewerbs beim aufschlussreichen Event der Blauburgunder-Tage in Südtirol. Ich habe diese Zeit der Pressereise mit den italienischen Journalisten-Kollegen sehr genossen. Herzlichen Dank an den Verband für die Gelegenheit, meinen Horizont zu erweitern und in die Faszination Blauburgunder bzw. Pinot Noir einzutauchen!

2019er Siegerliste der 30 köpfigen Jury (Plätze 1-10)

Andrian – Riserva Anrar
Schloss Englar – Riserva Baltasius
St. Michael-Eppan – Sanct Valentin
Girlan – Riserva Trattmann
Bozen – Riserva Thalman
Kollerhof Mazon – Riserva Aegis
Terlan – Riserva Monticol
Malojer-Gumerhof – Riserva
Bellaveder – Riserva Faedi (Trentino)
Conte Vistarino – Pernice (Lombardei)
Muri Gries – Riserva Abtei Muri    

2019er Die Besten von Steffen Maus (von elegant bis kraftvoll)

Falkenstein Vinschgau
Cave Gargantua Pierre (Aosta)
Manincor Mason
Schreckbichl Lafoa
Stroblhof Riserva Pigeno
Englar Riserva Baltasius
Eppan Sanct Valentin
Kollerhof Mason Aegis
Girlan Trattmann Mazon
Castelfeder Riserva Borgum Novum
Ignaz Niedrist Girlan vom Kalk
Tiefenbrunner Entiklar Linticlarus

2018 – Die Siegerliste finden Sie im Artikel Südtiroler Weine im Weinwissen

Die Liste - HIGH END Blauburgunder in Südtirol

Hofstätter Barthenau Roccolo 200 € und Vigna Bartenau 60 €
Walch Aton (Neu mit 2017) 150 €
Girlan Ganger 130 € und Curlan 80 €
St. Michael-Eppan Terzer TWC 110 €
Manincor Mason di Mason 67 €
Hartmann Dona Noir 60 €

Foto unten: Abendessen mit Gerhard Kofler und Marc Pfitscher von der Kellerei Girlan in Tramin - undercover für die gute Sache

Foto ganz unten: Besuche bei Hofstätter in Tramin und Castelfeder in Neumarkt zeigen eindrucksvoll die Güte der Blauburgunder derzeit in Südtirol