50 Jahre DOC Valpolicella und das allährliche Amarone Antprima 

Was geht ab in den Valpolicella-Tälern?

Grafik: Weinorte des Valpolicella Anbaugebietes inklusive des Classico und Valpantena

Ein solches Jubiläum ist ein guter Grund um vor Ort in Verona und Umgebung einen Blick auf Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit  eines der beliebtesten Rotweine der Welt zu werfen, der hier im Valpolicella seinen Ursprung findet - den Amarone! Vor allem aber auch der passende Moment, um spannende Fragen näher zu beleuchten: Besitzt Amarone die enorme Reifefähigkeit anderer großer Rotweine oder sollte er generell eher jünger genossen werden? Und wie war und wird das anspruchsvolle Jahr 2014 und welche Winzer beeindrucken auf der diesjährigen Anteprima  - der großen Präsentation in Verona?
Der Amarone-Charakter ist mit keinem anderen Weinstil vergleichbar. Völlig zurecht besitzt er seit 2010 den DOCG-Status. Natürlich muss er sich aufgrund dessen auch immer wieder den Vergleich mit den anderen hochklassigen Roten, wie Barolo oder Brunello gefallen lassen. Im Gegensatz zu diesen beiden - welche Ihre wahre Größe erst mit etlichen Jahren Reifezeit zeigen - ist ein Amarone schon in jungen Jahren sehr zugänglich, sein Tanningerüst oft weicher. Aber genau deshalb sprechen Weinkenner ihm mitunter die große Lagerfähigkeit ab. Aber ist er der mächtige Rote aus dem Valpolicella wirklich kein Wein für den Keller? - Mitnichten!

Geschichte wie im Zeitraffer

Auf der diesjährigen Anteprima in Verona werden bei einem eindrucksvollen und exklusiven Jubiläumstasting für ca. 70 Journalisten aus der ganzen  Welt Amarone bis zurück in die 50er Jahre präsentiert. Spätestens beim zweiten Wein, dem 1969er "Montresor" Recioto Amarone della Valpolicella von Cantine Giacomo Montresor verstummt auch der letzte Zweifel: Ein beeindruckend präsenter Wein mit Griff und Struktur. Komplexe Aromen nach Baklava, Vanille, Zimt und Datteln - alles, was der Amarone-Verehrer schätzt ist hier vereint. Die Portweinassoziation ist keinesfalls despektierlich gemeint; im Gegenteil: 49 Jahre und kein bisschen müde!
Aber warum schafft das bei weitem nicht jeder Amarone? Den speziellen Charakter eines Amarone, seine komplexen Aromen, seine Struktur und somit auch sein Alterungspotential verdankt er nicht allein dem hohen Alkohol. Denn das Geheimnis seiner Herstellung ist gleichzeitig auch die Krux: Beim sogenannten Apassimento, der in den fruttai vonstatten geht - der Trocknung nach der Lese - wird es schwierig: Entscheidend ist nicht nur die Rebsortenzusammensetzung, sondern auch das Jahr. Der Trocknungsprozess ist nämlich nicht nur reine Dehydration, sondern beeinflusst außer dem Wasser- und somit Zuckeranteil auch die Säuren, Poliphenole; das gesamte aromatische Profil des späteren Weins. Hier ist der Winzer gefordert: Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Ventilation in den Trockenräumen sind entscheidend, denn die Trauben dürfen nicht zu schnell trocknen, aber nicht faulen. Sind die geforderten Zuckergrade - und damit der spätere Alkoholgehalt zu schnell erreicht, ist die Aromenentwicklung noch nicht abgeschlossen; der spätere Wein nicht so komplex. Corvina bietet als Rebsorte hier die besten Vorraussetzung: Sie braucht verhältnismäßig lange, bis die typischen 30% Wasserverlust erreicht sind. Zum Vergleich: Aus einem Kilogramm Trauben entstehen bei der klassischen Rotweinherstellung ca. 0,7 Liter Wein, beim Amarone bleiben gerade mal 0,4 Liter übrig. Das traditionelle Rebsortentrio aus Corvina, Corvinone und Rondinella wird tatsächlich auch heute noch kaum verändert. Gerade in einem Jahr, das den Winzern viel Fingerspitzengefühl abverlangt, ist der Klassiker dann die sicherste Wahl.

2014 - Dem Regen trotzen

Kein einfaches, weil regenreiches Jahr war 2014 für alle außer den Sizilianern! Die Zahlen sprechen schon für sich: In einem durchschnittlichen Jahr sind ca. 65% des Ertrages für die Amaroneproduktion geeignet; in 2014 waren es gerade einmal 35%. Extreme Bedingungen wie Spätfrost im April und viel Regen im September bringen Probleme. Besonders durch den Regen quellen die Trauben vor der Lese auf - beinhalten mehr Wasser und ein zu schneller Wasserverlust bei der Trocknung sowie erhöhte Fäulnisgefahr in den fruttai stellen dann große Gefahren dar. Die Trauben für den Amarone müssen früh gelesen werden, aber in einem solchen Jahr somit auch zu früh: Unreife Tannine sind die Folge.
Und wie schmecken die Amarone aus 2014? Ganz klar ein Jahr mit Höhen und Tiefen: dies wird bei den 44 verkosteten Amarone schnell deutlich. Viele Weine werden als Fassproben vorgestellt.
Auffällig sind leider nur zu oft die kratzigen, unreifen Tannine und der Versuch der Winzer diese mit überbordender Frucht und zu viel Holzeinsatz zu kompensieren. Was folgt ist Opulenz aber bei weitem keine Harmonie. Schnell wird deutlich, wer hier sauber und präzise gearbeitet hat - besonders bei der Trocknung - und wer hingegen nur versucht hat, den Jahrgang 2014 komplett zu negieren.

Einen wunderbaren Eindruck hinterlassen besonders die Weine aus dem Norden des Classico-Areals. Zu den Lichtblicken gehören zwei Weingüter, die den für mich typisch rauchigen, würzigen und mineralischen Stil verkörpern: Corte Lonardi (Marano): Der Amarone della Valpolicella Classico wirkt trotz seiner dunklen Aromatik leicht ätherisch und herrlich würzig. Scriani (Fumane): Der Amarone della Valpolicella Classico ist jetzt schon spannungsreich, griffig und großartig strukturiert.

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