Corona-Glück bzw. Sommlier-Reise zu den feinsten Perlen Italiens

Inge Mainzer besuchte zum ersten Mal diese faszinierende Weingegend

Die Autorin Inge Mainzer weilte mit einer Gruppe Sommeliers der SommelierUnion Deutschland einige Tage in der Franciacorta. Sie organisierte die Reise in Zusammenarbeit mit dem Konsortium. Es war ihr erster Besuch im Schaumweinparadies der norditalienischen Lombardei, von dem sie sehr begeistert zurückgekehrt ist.

Echtes Glück hatten sie, die 20 Mitglieder der Sommelier Union, die im Oktober dem zweiten Lockdown zuvor kamen. Sie konnten diese sanfte Hügellandschaft mit Wein- und Gemüsegärten, Olivenhainen, Wiesen und Wäldern, kleinen Steindörfern, mittelalterlichen Klosteranlagen, Burgen und Adelsvillen aus den vergangenen Jahrhunderten hautnah und nicht nur virtuell bzw. im Imagefilm erleben. In dieser pittoresken Landschaft mit ihren mineralstoffhaltigen Böden und ihren sanften Hügeln wachsen die Reben und reift der Franciacorta DOCG in den Kellern. Ausnahmslos erzeugt nach der „Metodo Classico“ verkostete die Gruppe ihn in all seinen Facetten bei den Weingutsbesuchen und am Abend zu erlesenen Menüs mit regionalen Köstlichkeiten der hervorragenden lombardischen Küche. 

Wenig Brioche und viel Mineral

Aufdringliche Brioche-Noten sucht man hier vergebens, trotz des überdurchschnittlich langen Hefelagers. Viel eher kommen Freunde/innen des mineralischen Champagners voll auf ihre Kosten, denn die Kategorie des Brut Nature (Dosaggio Zero) ist sehr beliebt, ebenso wie die Extra-Brut Version ohne spürbare Restsüße. Im Gegensatz zu anderen, europäischen Qualitätsschaumweingebieten setzen die Winzer/innen der Franciacorta deutlich weniger auf die Reserveweine bei der Komposition ihrer Cuvées. Stattdessen betonen etliche Betriebe durch einen vergleichsweise hohen Anteil der „Millesimato Jahrgangssekte“ ganz bewusst den jeweiligen Charakter des Jahrgangs. 
Die Kategorie Satèn ist eine weitere Besonderheit der Franciacorta, die mind. 24 Monate Hefelager max. 5 Bar Druck in der Flasche vorschreibt. Der etwas geringere Kohlensäuredruck im Vergleich zu den anderen Kategorien sorgt für eine zarte, stets nachhaltige Perlage am Gaumen, die bei einer breiten Schicht von Weinliebhabern sehr gut ankommt.

Einordnung des Gebietes: Die Geheimwaffe Erbamat 

Die Franciacorta ist ein vergleichsweise junges Weinbaugebiet für Sekt, das Ende der 1900Sechziger aus der Taufe gehoben wurde. Es besitzt bereits ein sehr klaren Profil, was durchaus überrascht im italienischen und auch im europäischen Vergleich. Ein Grund für den substantiellen Erfolg (Link zum Artikel Expertenwissen) ist sicherlich das kompromisslose Qualitätsbekenntnis der Mitglieder des Konsortiums, bei dem alle Kellereien gemeinsam an einem Strang ziehen. Das im Jahre 1990 gegründete Konsortium zählt rund 200 Mitglieder.
Und es arbeiten schon 62 % der Kellereien nach biologischen Standards! Denn Sie sind sich bewusst, dass nur so die ihnen geschenkten, natürlichen Ressourcen erhalten werden und eine einzigartige Qualität aus dem vitalem Traubenmaterial entsteht. Bemerkenswert ist der Fokus auf die Sorte Chardonnay, ganze 81 % der 3.101 Hektar sind damit bestockt, im Vergleich zu dem guten Drittel in der Champagne. Neben dem Chardonnay gibt es noch 15 % mit Pinot Nero und eine kleine Menge (3%) Weißburgunder. 
Ein ganz heißes Thema ist derzeit Erbamat: Diese authochtone Rebsorte aus dem Voralpenbereich wird von etlichen Betrieben neu angepflanzt. Derzeit sind es lediglich 1% der Rebfläche, aber die Tendenz ist steigend nach Aussage von Silvano Brescianini, dem aktuellen Präsidenten des Konsortiums und Direktor von Barone Pizzini. Erbamat ist eine sehr robuste Sorte, die eine knackige Säure besitzt und spät reift, weshalb sie auch aromatisch ihren Beitrag leisten kann.
Vom Technikdetail in der Erzeugung des Franciacorta bis zu den Kulturschätzen spannt sich der facettenreiche Bogen. Denn der Iseosee, der nahe Gardasee und die Provinzhauptstadt Brescia bzw. die Metropole Mailand sind die Referenzen des städtischen bzw. touristischen Lebensgefühls. So war es naheliegend, dass eine Bootsfahrt auf dem Iseosee und der Besuch der Altstadt von Brescia das lebendige Bild der Franciacorta als Kulturerlebnis vervollkommnete. Der Ort und gleichnamige See liegen am Fuße der Alpen, deren Felswände steil in den nördlichen Teil des Sees abfallen. Sein Becken wurde von den eiszeitlichen Gletschern ausgehöhlt, deren Endmoräne die Grundlage des heutigen Terroirs bestimmen. Diese Francicorta ist zu schmecken, mehr als die Champagne-Terroirs zu schmecken sind. Da macht es wenig aus, dass Epernay und Erbusco 700 km Luftlinie auseinander liegen.

Besuchte Weingüter: Corte Fusia + Ronco Calino + Barone Pizzini
 + Berlucchi + Corte Aura + Contadi Castaldi + Ca’ del Bosco.
Präsentierte Weingüter im Konsortium Franciacorta: 1701 + Mosnel + La Montina + Villa Franciacorta + Enrico Gatti + Ricci Curbastro + Mirabella + Ferghettina

Die Landkarte zum Anbaugebiet Franciacorta und den Nachbarweinwelten in der Lombardei finden Sie hier: Weinbaukarte--Franciacorta